Der Unfall-Schwerpunkt auf der Schwäbischen Alb
An der Dauerbaustelle zwischen Hohenstadt und Ulm kracht es oft – Unfälle mit Lkw nehmen im Südwesten zu
- Kaputte Leitplanken, maroder Fahrbahnbelag – auf Deutschlands Autobahnen gibt es viel zu tun. Die logische Konsequenz: jede Menge Baustellen. Eine besonders nervenaufreibende steht auf der A 8. Zwischen Hohenstadt und Ulm wird seit sechs Jahren über 23 Kilometer gebaut. Bei den Pendlern ist die Strecke nicht besonders beliebt, wegen der häufigen Staus dort – und wegen der Unfälle.
Rund 75 000 Fahrzeuge durchqueren täglich die Dauerbaustelle auf der Alb. Laut dem Regierungspräsidium Tübingen wurden von Anfang 2016 bis Ende Oktober diesen Jahres 426 Unfälle auf der A 8 zwischen Hohenstadt und Ulm-West erfasst – 132 davon stünden in Verbindung mit der Baustelle. Dabei passierten die meisten Unfälle wegen zu nahen Auffahrens „infolge des baustellenbedingt stockenden Verkehrs“oder im Längsverkehr. Auffällig ist, dass sich im Baustellenbereich viele Unfälle wegen der beengten Fahrbahn ereignen. Und das, obwohl dort die Überholspur bereits um einen halben Meter auf drei Meter verbreitert wurde.
Die Großbaustelle auf der A 8 ist in vier Bauabschnitte aufgeteilt: Die Fahrbahn zwischen Hohenstadt und Ulm-West wird auf sechs Streifen erweitert, zusätzlich wird die Nebelwarnanlage zwischen Hohenstadt und Riedheim erneuert und die Anschlussstelle Ulm-West wird zum Doppelanschluss ausgebaut. Komplett fertig sollen die Bauarbeiten 2021 sein.
Bis dahin besteht erhöhte Unfallgefahr. Dennoch hält das Regierungspräsidium Tübingen fest, dass die Unfälle in der Dauerbaustelle auf der A 8 „meist glimpflich ohne beziehungsweise mit nur leichten Verletzungen“ausgegangen sind.
Autobahnen sind am sichersten
Laut ADAC zählen die Autobahnen zu den sichersten Straßen. Das bestätigt auch Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer: „60 Prozent der Unfälle mit Toten und Schwerverletzten geschehen auf der Landstraße, 30 Prozent innerorts und nur zehn Prozent auf den Autobahnen.“Das liegt auch daran, dass es auf den bundesweit 13 000 Kilometern Autobahn weder Abbiege- noch Gegenverkehr oder Fußgänger und Radfahrer gibt.
Sorgen bereitet Experten der Schwerlastverkehr: „Stauende-Unfälle sind überwiegend Lkw-Unfälle“, sagt Brockmann. Auf BadenWürttembergs Autobahnen gab es im vergangenen Jahr 3439 Unfälle mit Lastwagen, deutlich mehr als in den Jahren zuvor: 2016 seien es 3096, ein Jahr zuvor 2687 Unfälle gewesen. Bei Unfällen im Baustellenbereich zwischen Hohenstadt und Ulm-West auf der A 8 waren laut Regierungspräsidium Tübingen seit Januar 2016 bei 57 Unfällen Lkw involviert. In 41 der 57 Fälle waren Lkw die Unfallverursacher – meist, weil sie von ihrer Fahrspur abkamen.
Unfallforscher Brockmann plädiert für die verpflichtende europaweite Einführung eines Notbremsassistenten für Lastwagen, der vor dem Stauende bis zum Stillstand bremsen kann. Damit könnten auch aus Sicht der Autoclubs viele dramatische Unfälle vermieden werden.
Wenn die Systeme denn eingeschaltet sind. „Die Lkw-Fahrer schalten diese derzeit häufig aus, da sie so leichter überholen können und beim Unterschreiten des Mindestabstands zum Vorausfahrenden nicht ausgebremst werden“, heißt es aus dem Stuttgarter Innenministerium. Die Landesregierung unterstützt deshalb eine Bundesratsinitiative. Ihr Ziel: Notbremsassistenten sollen nicht mehr abgeschaltet werden können.