Pi:k sprengt sämtliche musikalische Konventionen
Im Rahmen der Aalener Kulturwochen gibt das Ensemble für Neue Musik sein Debüt in der Stadthalle
- Das jüngste städtische Ensemble – ausgesprochen „pi:k“, geschrieben mit dem griechischen Buchstaben Pi – hat am Samstag im Rahmen der Kulturwochen sein musikalisches Debüt unter der Leitung von Uwe Renz in der Stadthalle gegeben. Das Konzert war zwar nicht ganz ausverkauft, aber dennoch sehr gut besucht, was bei einem Abend mit sogenannter Neuer Musik nicht unbedingt selbstverständlich ist.
Zur guten Publikumsresonanz hat sicher beigetragen, dass die Werke von drei Aalener Komponisten, nämlich Henning Brauel, Edgar Mann und Moritz von Woellwarth – alle drei in der Stadthalle präsent – auf dem Programm standen. Natascha Euteneier führte mit erklärenden Texten von Brauel und Mann durch ein Programm, das sich nicht nur für das junge Ensemble (Altersdurchschnitt etwa Mitte 20), sondern auch – erwartungsgemäß – für die Zuhörer als Herausforderung entpuppte.
Standing Ovations nach dem Konzert
Die Interpreten haben ihre Aufgabe mit Engagement und Können hervorragend gemeistert und dem Publikum hat es gefallen, sonst hätte es am Schluss keine Standing Ovations gegeben.
Es war ein ausgesprochen spannendes Konzert; auch – oder gerade weil – sämtliche musikalische Konventionen dabei mehr oder weniger heftig gesprengt wurden. Die in der Stadthalle zum ersten Mal aufgeführte Komposition „Karen“des Ellwanger Musikschulleiters Moritz von Woellwarth wandelte dabei noch am nächsten auf den bekannten musikalischen Pfaden. Einem mitreißenden, pulsierenden Rhythmus (Bernd Brunk und Jonas Herpichböhm) mit einem Hauch von Latin Jazz und einem hervorragenden, emotionalem Saxofonsolo von Markus Ehrlich folgte eine Art Ballade mit immer noch harmonischen Strukturen bis zu einem scharfen Bruch. Danach erklangen Geräusche wie aus einem Psychothriller, ehe eine einsame Klarinette (ausgezeichnet: Marco Gaulke) eine musikalische Geschichte erzählte, die vom Orchester übernommen wurde.
Ganz andere musikalische Wege beschreitet Henning Brauel in seinen Variationen in Erinnerung an Hans Werner Henze, in den 1960er und 1970er Jahren einer der profiliertesten Komponisten Neuer Musik. Geheimnisvoll, düster und dramatisch kommt Brauels Musik daher, fordert mit Dissonanzen und dem Spiel der Violinen im Flageolett (souverän: Annika Chen und Paula Hochweber) Interpreten und Zuhörer heraus. Raumfüllende Gongschläge und donnernde Pauken sorgen für massive Kontraste. Diese Komposition von Henning Brauel wurde am Samstag ebenfalls uraufgeführt.
Edgar Mann zweimal im Programm vertreten
Edgar Mann war zweimal im Programm vertreten: Zum einen mit der kompakten Komposition „Beiseit“nach dem gleichnamigen Gedicht von Robert Walser mit einer mystischen Sopranpartie für Cecilia Fontaine.
Zum anderen mit der Auftragskomposition „Vor den Pforten der Unterwelt…“aus dem Jahr 2005 zur Erinnerung an den Heidenheimer Kantor und Komponisten Helmut Bornefeld. Klagende, quasi schmerzerfüllte Klänge kulminierten dabei im fulminanten Einsatz von Gong und Trommel vor dem tröstlichen Schlusschoral. Wie zum Auftakt, so erklang zum Schluss nochmal ein „Klassiker“der Neuen Musik, Charles Ives‘ „The Unanswered Question“mit Sebastian Hahn als souveränem Trompeter auf der Empore.
Besetzung: Isabel Weller (Sopran), Sabine Beißwenger, Miriam Schmidt (Flöte), Annika Oser (Oboe), Marco Gaulke (Klarinette), Michael Herzig (Fagott), Markus Ehrlich (Saxofon), Yannick Güntert (Horn), Sebastian Hahn (Trompete), Bernd Brunk, Jonas Herpichböhm (Schlagwerk), Leander Brune (Klavier/Vibrafon), Annika Chen, Paula Hochweber (Violine), Patrizia Messana (Viola), Heiko Nonaka (Violoncello), Jim Thomas (Kontrabass). Dirigat: Uwe Renz.