Zeugen belasten ehemaligen Geschäftsführer
Vor dem Stuttgarter Landgericht kamen zwei ehemalige Mitarbeiter der BAG-Ellwangen zu Wort
- Beim sechsten Verhandlungstag im BAGProzess wegen Bilanzmanipulationen sind am Mittwoch weitere Zeugen gehört worden. Beide sollen nach eigenen Aussagen von Manipulationen der Warenbestände gewusst haben oder sogar selbst daran beteiligt gewesen sein.
Der eine Zeuge war von 1985 bis 1999 bei der BAG. Er hatte dort seine Lehre gemacht und war anschließend als Leiter eines Raiffeisenmarkts angestellt. Im April 1999 hatte er gekündigt. Als Grund nannte er, dass er nicht weiter habe manipulieren wollen. Während der Inventur sei der ehemalige Geschäftsführer mehrfach bei ihm gewesen. Anfangs habe er noch gesagt, die Zahlen seien ganz in Ordnung. Bei weiteren Treffen habe er gesagt, dass das Gesamtergebnis nicht gut sei. Daraufhin habe der Geschäftsführer ihn und einen weiteren Marktleiter dazu aufgefordert, in einem Raiffeisenmarkt „50 000 D-Mark Warenwert mehr auszuweisen“. Ihm sei ziemlich schnell klar gewesen, dass das der „Beginn einer Serie“sei, damit die Differenz in den Folgejahren nicht auffällt.
Bei seiner Kündigung habe er dem damaligen Geschäftsführer gesagt, dass er das nicht weiter machen und sich nicht mehr im Spiegel ansehen könne.
Zeuge: Warenbestände sind manipuliert worden
Rund ein Jahr später hatte der Zeuge laut seiner Aussage einen eigenen Betrieb gegründet. Da habe er erfahren, dass es dem anderen Marktleiter gesundheitlich schlecht gehe. Er habe ihm schließlich einen Job in seinem Betrieb angeboten. Sein Kollege habe erzählt, dass auch in seinem Bereich Warenbestände manipuliert worden seien.
Nachdem die Bilanzmanipulationen sowie die Vorwürfe gegen den damaligen Prokuristen, der als Sündenbock hingestellt worden sei, öffentlich wurden, hätten sich beide und ein weiterer Mitarbeiter, der ebenfalls als Zeuge aussagte, dazu entschieden, eine Aussage bei der Polizei zu machen.
Auch der zweite Zeuge hatte bereits bei der Polizei und auch vor Gericht ausgesagt, von Bilanzmanipulationen bei der BAG erfahren zu haben. Selbst sei er nicht beteiligt gewesen. Er war von 1999 bis 2006 als stellvertretender Marktleiter in einem BAG-Raiffeisenmarkt angestellt. Den ersten Berührungspunkt mit den Manipulationen habe er Anfang 2006 durch die sogenannten Differenzlisten gehabt, die nach der Eintragung der Inventurlisten im Abgleich mit dem Buchbestand erstellt wurden. Diese habe er vom Marktleiter bekommen, um die Differenzen aufzuklären.
Bei der Durchsicht seien ihm sieben oder acht Positionen aufgefallen, deren Bestand nicht stimmen konnte. Er habe das Gefühl gehabt, dass da „was gehörig schief läuft“, sagt er aus. Auf der Liste seien Waren gestanden, die der Markt nie oder nicht in der Menge vorrätig hatte. Nachdem er den Marktleiter darauf angesprochen hatte, habe der ihm von den Manipulationen erzählt. Diese seien im Auftrag des Geschäftsführers gemacht worden, habe ihm der Kollege erzählt. Vom Buchhalter seien teils konkrete Vorschläge gekommen, welche Warenbestände verändert werden könnten. Teilweise habe der ehemalige Marktleiter selbst Vorschläge geschickt. Die Listen seien schließlich vom Prokuristen gefälscht worden.
Fake-Mietverträge für nicht vorhandene Rasenmähertraktoren
Darüber hinaus sei der ehemalige Marktleiter vom Buchhalter angerufen worden, weil sich ein Prüfer angekündigt hatte, der den Raiffeisenmarkt und die Bestände an Rasenmähertraktoren kontrollieren wollte. Da diese Bestände gefälscht waren, musste der Marktleiter Mietverträge schreiben. Damit wollte man dem Prüfer erklären, wo die Geräte abgeblieben seien.
Die meisten Informationen, die der Zeuge vor Gericht vorträgt, hatte er von einem ehemaligen Kollegen erfahren. Bei einem Gespräch mit dem Marktleiter und dem Geschäftsführer sei auch ihm gegenüber deutlich gemacht worden, dass die Zahlen stimmen müssten. Wenn nicht, werde der Standort geschlossen und es würden betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen. Der Geschäftsführer habe gesagt, dass „wir Maßnahmen ergreifen sollen, um das Ergebnis positiv zu gestalten“, sagte der Zeuge aus.
Schließlich erzählte der Zeuge von einem Gespräch mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden und Aufsichtsratsvorsitzenden, das er kurz nach seinem Ausscheiden im Jahr 2006 geführt hatte (wir berichteten). Er habe beiden, entgegen deren Aussage, von den Manipulationen berichtet, als diese nach dem Grund seiner Kündigung fragten. Er habe auch die Sorge geäußert, dass das Kartenhaus spätestens mit dem Ruhestand des Geschäftsführers zusammenbrechen werde. Die Aussage der beiden, er habe nur von einem falschem Warensortiment gesprochen, sei falsch.