Jim Knopf und Karl der Große
Das hat man nun davon: Da bekannte man in der letzten Glosse ganz ehrlich, dem Wort noch nie begegnet zu sein – und löste damit größeres Befremden aus. So fragten sich einige Leser, ob im Hause Waldvogel „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“nicht zum Pflichtstoff bei der Aufzucht der Kinder gehört habe. Denn dort stehe doch klipp und klar, dass Lukas seine Lokomotive Emma
also abdichtete, um sie zum Schiff umzufunktionieren und mit ihr die Insel Lummerland verlassen zu können. Zur Klarstellung: „Jim Knopf“wurde in der Familie sehr wohl gelesen, gehört, gesehen und auch hochverehrt, aber am Vater muss diese Passage aus Michael Endes Klassiker irgendwie vorbeigeschippert sein. Einem wegen eines Knopfes derart Vorgeknöpften sei es nachgesehen, dass er sich dann über dieses an sich eher unscheinbare Wort seine Gedanken machte. Und siehe da: Es hat doch für einigen Widerhall in unserer Sprache gesorgt. Ein kann ein kleiner Junge sein, manche Plüschtiere haben als Markenzeichen einen selbigen im Ohr, und
sind auch ein Synonym für Geld – wie
etc. Wobei dieser Vergleich vielleicht mit den Silberknöpfen zu tun hat, die wohlhabende Leute einst an ihrer Kleidung trugen. Womit wir bei einer weiteren Redensart wären:
käme dann daher, dass irgendwelche Bösewichte früher den Opfern eines Überfalls nicht nur die Börse raubten, sondern auch noch die wertvollen Knöpfe abschnitten. Und wer etwas
überlässt die Entscheidung dem Zufall – man denke an Rita Pauls Schlager aus den frühen 1950ern: „Ich zähl mir’s an den Knöpfen ab, ja – nein, ja – nein, ja. Ob ich bei dir Chancen hab, ja – nein, ja – Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutungen und Schreibweisen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf. nein, ja…“Wenn aber etwas
so treibt es auf eine heikle Entscheidung mit ungewissem Ausgang hin. Hier heißt es, bis ins frühe Mittelalter abzusteigen, bis zu Karl dem Großen. Mit war die Spitze des Schwertes gemeint und mit der Knauf, also das Ende des Griffes. Nun war der Schwertknauf des Kaisers zugleich sein Siegel mit den Buchstaben
Und so pflegte Karl zu sagen: „Was der Knopf siegelt, soll die Spitze verteidigen.“Allerdings scheint sich später die Lesart geändert zu haben: Danach stand die Spitze für den Willen zum Kampf und das Siegel für die Verhandlungsbereitschaft – also ging es sinnbildlich um die Wahl zwischen Krieg und Frieden. Fazit: Jim Knopf ist es zu verdanken, dass einem in Sachen der Knopf aufging. Wenn Sie Anregungen zu Sprachthemen haben, schreiben Sie! Schwäbische Zeitung, Kulturredaktion, Karlstraße 16, 88212 Ravensburg
r.waldvogel@schwaebische.de