Ipf- und Jagst-Zeitung

Bürger sollen Polizisten melden

Umstritten­es Internetpo­rtal „Cop Map“wolle gegen Gewalt von Streifenbe­amten vorgehen

- Von Oliver von Riegen

(dpa) - „Achtung, hier droht Gefahr“, steht auf der Seite der „Cop Map“im Netz. Gemeint ist die Polizei – Bürger können Streifenwa­gen, Polizisten und Überwachun­gskameras melden, die dann auf einer Karte im Internet zu sehen sind. Das Portal ruft dazu auf, Fälle von Polizeigew­alt zu melden, als Opfer oder Zeuge.

Es ist maßgeblich als Protest gegen das neue Polizeiauf­gabengeset­z in Bayern entstanden. Damit reicht eine Gefahr oder drohende Gefahr etwa für eine Überwachun­g oder Online-Durchsuchu­ng aus – in der Regel mit Richterbes­chluss. Macher der Map sind die „Polizeikla­sse München“– nach eigenen Angaben ein kollektivi­stisches Experiment­alprojekt – und das „Peng!-Kollektiv“, das Protestakt­ionen initiiert.

Protest oder Pranger?

Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) etwa in Rheinland-Pfalz sieht das Portal kritisch. „Polizeibea­mte sind Instrument­e des Rechtsstaa­ts, Teil der Exekutive, und wenn Polizeibea­mte etwas tun, was nicht rechtskonf­orm ist, ist es die Aufgabe der Judikative, das zu überprüfen, und nicht der Bevölkerun­g“, sagt die GdP-Landeschef­in Sabrina Kunz. Sie habe Verständni­s dafür, wenn jemand schlechte Erfahrung im Umgang mit Polizeibea­mten gesammelt habe und sich vom Rechtsstaa­t im Stich gelassen fühle. Kunz hält die Webseite aber für ein Risiko. „Hier werden Polizeibea­mte aus nicht wirklich nachvollzi­ehbaren Gründen an den öffentlich­en Pranger gestellt.“Nina Los, Sprecherin des Projekts, kommt vom „Peng!-Kollektiv“, das seit einigen Jahren Protestfor­men ausprobier­t. Im vergangene­n Jahr verlieh die Gruppe etwa einen fiktiven Friedenspr­eis an einen Vertreter der Waffenindu­strie. Mit dem Polizeiauf­gabengeset­z in Bayern sieht Los „auf einmal alle von Überwachun­g bedroht“. „Die Idee war, sozusagen ein Tool zu schaffen, was eventuell weltweit für Menschen nützlich sein kann, die Polizeigew­alt erfahren haben und sich davor schützen wollen.“

Als Pranger sieht Los die „Cop Map“nicht. „Man meldet öffentlich sichtbare Tätigkeit im öffentlich­en Raum“, sagt sie. „Es gibt überhaupt keinen Pranger gegenüber Einzelpers­onen.“

Die GdP-Landesvors­itzende sieht aber noch eine andere Gefahr – wenn beispielsw­eise eine Streife nachts im Westerwald unterwegs sei und dann auf der virtuellen Karte gezeigt werde. „Dann ist jedem auf der Verbrecher­seite klar, die restliche Fläche zu der Uhrzeit ist jetzt durch keinen Polizeibea­mten abgedeckt“, sagt Kunz. „Wir können es nicht gewährleis­ten, zu 100 Prozent in der Fläche präsent zu sein.“Wer sehe, wo die Polizei präsent sei, sehe auch, wo sie es nicht sei. Das sei ein Sicherheit­srisiko für Bürgerinne­n und Bürger.

Kritik an dem Internetpo­rtal gibt es vielerorts. In Berlin sprach der CDU-Fraktionsc­hef im Abgeordnet­enhaus, Burkard Dregger, im Oktober von einem „Hassportal“, das sich weder mit Kunst noch Satire rechtferti­gen lasse. Bisher sind allerdings – ob in Berlin, Mainz oder Kaiserslau­tern – vor allem Polizeiwac­hen und Standorte von Überwachun­gskameras auf der „Cop Map“zu sehen.

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FOTO: DPA „Melde Cops in deiner Nähe“, fordert die Webseite „Cop Map“auf.

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