Der Biber nagt an Leinbergers Nerven
Stödtlens Bürgermeister sorgt sich unter anderem um die Kläranlage und fordert biberfreie Zonen
(afi) - Bürgermeister Ralf Leinberger ist genervt. Genervt, weil er sich in Sachen Biber alleine gelassen fühlt. „Von uns als Kommune wird ständig nur gefordert. Gemeinden müssen enorme Summen in öffentliche Einrichtungen investieren. Aber wenn es dann um den Biber geht, den man ja unbedingt im Land haben möchte, will keiner für entstandene Schäden aufkommen“, ärgert er sich.
Der Biber sei erstmals vor 20 Jahren an der Rotach aufgetreten, berichtet Leinberger im Gespräch mit der „Ipf-und-Jagst-Zeitung“. In den vergangenen Jahren habe sich der umtriebige Nager dann über das gesamte Gemeindegebiet von Stödtlen ausgebreitet.
Leinberger, der die Probleme, die mit diesen Tieren einhergehen, schon frühzeitig erkannt hatte, bat deshalb bereits vor rund zehn Jahren den Minister für Ländlichen Raum, Peter Hauk, nach Stödtlen. Hauk sollte sich ein eigenes Bild von der Lage und den Schäden, den die Biber schon damals angerichtet hatten, machen. Unter anderem wurden Straßen von den Tieren untergraben.
Doch ist seit diesem Ministerbesuch im April 2008 nicht viel geschehen. Die erhofften Hilfen oder Entschädigungen für die Gemeinde und auch für betroffene Grundstückseigentümer blieben aus. Der Biber breitete sich stattdessen immer weiter aus; die Kommune muss damit irgendwie klarkommen.
Leinberger fürchtet den „Supergau“
Da ist zum Beispiel der Berlisbach, der in unmittelbarer Nähe zur Kläranlage in Gaxhardt vorbeifließt. Auf einem Abschnitt von einigen Hundert Metern hat der Biber hier Burgen und Dämme gebaut, so dass der Berlisbach über die Ufer tritt. „Das sind dann nicht nur Schäden an landwirtschaftlichen Flächen, sondern da ist unsere Kläranlage in Gefahr“, betont Leinberger mit Nachdruck. Besonders brisant sei die Sache, weil die Gemeinde Stödtlen die bisherige Kläranlage in Gaxhardt mit einer Investitionssumme von 5,2 Millionen Euro erweitern muss. „Ein Supergau, wenn diese neue Anlage überflutet würde“, so der Bürgermeister.
„Wir sind angehalten, dass wir Kläranlagen immer auf dem neuesten Stand halten, um ökologisch alles richtig zu machen. Dafür müssen wir riesige Beträge in die Hand nehmen. Wenn der Biber am Berlisbach so weiterbaut, wie er es derzeit tut, läuft uns die Kläranlage voll, und aus ist es mit der Klärung“, sagt Leinberger. Seiner Meinung nach ist es auch „aus ökologischer Sicht“nicht vertretbar, dass ständig Pumpen laufen müssten, um die Kläranlage von dem vom Biber produzierten Rückstau des Berlisbaches zu befreien. „Machen wir nichts, haben wir hier bald Hochwasser“, schimpft Leinberger. „Machen wir was, werden wir angegriffen. Eigentlich dürfen wir ja nicht einmal die Dämme öffnen, damit das Wasser des Baches ablaufen kann und so unsere Kläranlage geschützt wird.“
Aber in der Gemeinde gibt es noch andere Bereiche, die vom Biber geschädigt werden. Da ist zum Beispiel der Volkermer Weiher, wo der Parkplatz gefährdet ist. Im angrenzenden Wald zernagt der Biber Bäume privater Waldbesitzer. In der Ortslage von Gaxhardt staut der Biber ebenfalls an. Hier kommt es zu Rückstau und Vernässung der Häuser.
Und da ist auch noch das Pumpwerk in Strambach, das vom rückgestauten Bach regelmäßig geflutet wird und nur durch den ständigen Lauf der Pumpen wieder geleert werden kann. Beim Fischweiher an der Schnepfenmühle durchbohrte der Biber den Damm; das gesamte Wasser samt des Fischbestands ging verloren.
Wie Leinberger im Gespräch betont, sei das nur ein sehr kleiner Auszug an Beispielen für entstandene Biberschäden in Stödtlen. Er moniert, dass der Gemeinde die Hände gebunden seien und es für sie keine Entschädigungszahlungen gibt. Leinberger schätzt, dass Stödtlen in den vergangenen 20 Jahren rund 100 000 Euro in Personal (Bauhof) und Material investiert hat, um Biberschäden zu beheben.
„Machen wir nichts, haben wir hier bald Hochwasser. Machen wir was, werden wir angegriffen.“ Ralf Leinberger, Bürgermeister von Stödtlen
Umsiedlung statt Abschuss
Der Stödtlener Bürgermeister fordert deshalb jetzt „biberfreie Zonen“. Er legt Wert darauf, dass er kein Befürworter von Abschüssen ist. „Der Biber muss in Gebieten, wo er teure technische Anlagen stört oder schädigt, entfernt und gegebenenfalls umgesiedelt werden“, richtet er seine Bitte an die Politiker. „Denn wenn man den Biber haben will, muss man auch für dessen Schäden aufkommen“, fordert Leinberger.