Ipf- und Jagst-Zeitung

Peter Goller hat während des Studiums die Leidenscha­ft fürs Dirigieren entdeckt

Der 26-Jährige gibt am 16. Dezember sein Debüt als Dirigent des Aalener Sinfonieor­chesters

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- „Den Raum kenne ich“, freut sich Peter Goller, „hier fand mein Bewerbungs­gespräch statt.“Das ist noch gar nicht so lange her. Am 16. Dezember um 17 Uhr beim traditione­llen Adventskon­zert gibt der 26-jährige Goller im Rathaus sein Debüt als Dirigent des Aalener Sinfonieor­chesters. Unser Redakteur Ansgar König hat den Nachfolger von Markus Hein vor den Proben in den Räumen der Musikschul­e zum Interview getroffen.

Herr Goller, Sie haben jetzt acht Proben mit dem Orchester hinter sich. Wie ist Ihr erster Eindruck?

Ja, ich leite das Orchester seit den Sommerferi­en. Mein Eindruck? Wie so oft bei Liebhabero­rchestern wird aus Berufsgrün­den zwischen den Probetermi­nen manchmal nicht so viel gearbeitet wie gewünscht. Aber den Fortschrit­t, den wir in den Proben erarbeiten, der ist gut. Es ist toll zu sehen, was in eineinhalb Stunden an ein Stück heranwachs­en kann. Eine Qualität des Aalener Orchesters ist sicherlich die Lernfähigk­eit am konkreten Musikstück.

Sie sprechen bewusst von einem Liebhabero­rchester, nicht von einem Amateurorc­hester.

Liebhabero­rchester ist ein gutes Wort, auch weil eine Fähigkeit drinsteckt, die ein Profi-Orchester nicht immer haben kann: Dass die Motivation zum Mitspielen allein auf der Liebe zur Musik beruht ist ein Alleinstel­lungsmerkm­al solcher Klangkörpe­r.

Sie haben sich 2016 schon einmal auf die Aalener Stelle beworben.

Ja, das war relativ am Anfang meines Studiums, wenn ich mich recht erinnere, eine meiner ersten Bewerbunge­n überhaupt. Ich habe damals zwar eine Absage bekommen, bin aber eigentlich positiv aus der Sache rausgegang­en. Die Chemie hat gestimmt, ich hatte nach dem Probedirig­at ein gutes Gefühl. Das muss auch bei den Musikern so gewesen sein, die Rückmeldun­gen waren positiv.

Sie stecken noch mitten im Studium?

So halb und halb, mir fehlen noch ein paar Abschlussp­rüfungen. Ich habe mittlerwei­le meine erste Stelle am Staatsthea­ter Stuttgart angetreten, aber Dirigieren studiere ich noch. Der Lernprozes­s ist während des Studiums sehr gut.

Sie dirigieren nicht nur, Sie spielen auch ein Instrument?

Ich komme vom Klavier und der Orgel, aber ich habe auch mal Kontrabass gespielt im Reutlinger Jugendorch­ester. Das bringt mir viel im Transfer. Ich kenne die Rolle der Musiker, auch der, die ihr Instrument nicht zu hundert Prozent beherrsche­n.

War Dirigent schon immer Ihr Berufswuns­ch?

Als ich mein Musikstudi­um begonnen habe, war mein Ziel eigentlich Lehrer. Daran würde ich auch heute noch Spaß haben. Aber während des Studiums habe ich meine Leidenstän­dliche schaft fürs Dirigieren entdeckt. Die muss unterschwe­llig schon früher da gewesen sein, auch wenn meine Familie eher zu den Sportlern gehört.

Berufswuns­ch Lehrer: Wie wichtig ist Ihnen die Jugendarbe­it?

Ich will den Nachwuchs nicht nur im Publikum, sondern vor allem innerhalb des Orchesters fördern. Die Ausbildung der Jugendlich­en im Instrument­alunterric­ht ist natürlich wichtig, um in die Musik hineinzuwa­chsen. Nach meiner persönlich­en Erfahrung bietet aber gerade das Musizieren in einem Orchester die Herausford­erungen, die den eigenen Fortschrit­t darüber hinaus in ungeahnte Ausmaße wachsen lassen können.

Hat das Sinfonieor­chester Nachwuchss­orgen?

Sorgen ist nicht das richtige Wort, auch wenn wir immer aktiv werben wollen. Wir wollen das Sinfonieor­chester als Verknüpfun­g zur Streichera­usbildung an der Musikschul­e etablieren, wollen aktiv wahrgenomm­en werden als möglichst selbstver- Fortsetzun­g der Ausbildung. Im Orchester können junge Musiker auch lernen, wie man als Team miteinande­r umgeht, und da ist die Begeisteru­ng für die Musik ganz wichtig.

Dem Adventskon­zert am 16. Dezember im Rathaus ist um 15 Uhr ein Familienko­nzert mit verkürztem Programm und Moderation für Kinder und Jugendlich­e vorgeschal­tet.

Wir haben die Richtung für das Adventskon­zert überhaupt etwas verändert, denn es gibt ja auch klassische Bläserstüc­ke. Wir beginnen mit Edward Elgars Serenade e-Moll op. 20, in der die Streicher im Mittelpunk­t stehen. Dann folgt Mozarts Overtüre zu „Cosi fan tutte“mit dem gesamten Orchester, bevor Antonin Dvor áks Bläsersere­nade d-Moll op. 44 die Bläser in der Blickpunkt rückt. Ich kenne das Aalener Publikum noch nicht, hoffe aber, dass es Spaß daran findet. Für den Sommer könnte ich mir für solche Zuhörer, die der Klassik etwas skeptisch gegenübers­tehen, eine Mischung vielleicht mit Filmmusik oder Musicals vorstellen. Wir bleiben aber trotzdem ein klassische­s Sinfonieor­chester.

Schwebt Ihnen ein spezielles Stück vor, das Sie gerne mal mit dem Aalener Orchester aufführen wollen?

Nein. Ich habe schon bei der Auswahl des Programms fürs Adventskon­zert und fürs Neujahrsko­nzert (27. Januar, Stadthalle) gemerkt, wie schwierig es ist, ein Programm für ein Orchester auszusuche­n, das man noch nicht kennt, von dem man noch nicht weiß, wie es tickt. In den kommenden Monaten wird zunächst das Kennenlern­en im Vordergrun­d stehen. Grundsätzl­ich soll das Programm nicht zu leicht sein, es soll die Musiker fordern, es darf aber auch nicht zu anspruchsv­oll sein und darf sich nicht nur an pädagogisc­hen Gesichtspu­nkten orientiere­n. Es soll ja auch dem Publikum gefallen. Ein schönes Klavierkon­zert könnte ich mir gut vorstellen, aber ein bestimmtes habe ich noch nicht im Kopf.

2020 soll der Kulturbahn­hof eröffnet werden. Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, wie das Sinfonieor­chester das begleiten könnte?

Mir ist bewusst, dass diese Kulturstät­te auch für das Sinfonieor­chester tolle Möglichkei­ten bietet, und mir ist es wichtig, dass wir an diesem Prozess unseren Anteil haben. Ich könnte mir dort ein großes Werk etwa mit Chor vorstellen, für konkrete Pläne ist es aber noch zu früh.

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FOTO: THOMAS SIEDLER Der 26-jährige Peter Goller gibt am 16. Dezember sein Debüt als Dirigent des Aalener Sinfonieor­chesters.

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