Der Koch in der Schmiede
Die edlen Küchenmesser aus der Werkstatt von Janosch Vecernjes auf der Schwäbischen Alb sollen vor allem eines sein: perfekt gebrauchstauglich
Beim Zwiebelschneiden legt Janosch Vecernjes ein Tempo vor, dem das menschliche Auge nicht mehr folgen kann. Zwiebelschneiden ist für den jungen Messerschmied von der Alb die Königsdisziplin, um zu demonstrieren, was seine handgefertigten Kochmesser alles können. Was bei der kleinen privaten Vorführung in seiner Werkstatt in Hohenstein-Bernloch sofort auffällt, ist die Lautlosigkeit, mit der die Klinge durch die Zwiebel saust, als sei es Butter. Man hört nichts, aber was noch erstaunlicher ist, man spürt auch kein Brennen in den Augen. Beides hat damit zu tun, erklärt er, dass das Messer keine Reibung verursacht, die die beißenden ätherischen Öle normalerweise freisetzt. Wie er das hinbekommen hat, verrät er natürlich nicht. Auf sein Albmesser Spezial hat er ein Patent. Es hat alles, was er selber als passionierter Hobbykoch von einem absolut gebrauchstauglichen Küchenmesser verlangt: Schärfe, Schnitthaltigkeit und Geschmeidigkeit. Er nennt es das magische Dreieck.
Für seine handgefertigten Messer aus dem Feuer der alten Schmiede im Bauernhausmuseum Ödenwaldstetten erreichen ihn Bestellungen „von Mexiko bis Dubai“. Die Kunden müssen sich inzwischen bis zu zwölf Monate gedulden. Mit dem anhaltenden Hype um exklusive Kochmesser hat die große Nachfrage nach seinen Albmessern aber rein gar nichts zu tun, sagt Janosch Vecernjes. Dieser Hype bringt es nur mit sich, dass Leute horrende Summen bezahlen für eine Ware, bei deren Herstellung „von 22 Arbeitsschritten 21 irgendwelche Roboter erledigt haben“. Seine eigene Philosophie des Messermachens perfekt umsetzen ist das, was der 35-Jährige will. „Es ist das, was mich glücklich macht, egal wie viel Geld man damit verdient.“
Gespürt hat er es im Grunde immer schon. Gerade während seiner Karriere als Finanzmakler, beginnend mit einer Schüler-Börsengruppe am Reutlinger Wirtschaftsgymnasium. Die 17 Maßanzüge, 200 Krawatten und 80 Paar Schuhe hat er vor neun Jahren irgendwo im hintersten Winkel seines Dachbodens verstaut. Zuvor war er wieder einmal einen ganzen Sommer lang bei seinem Messermeister in Ungarn gewesen, um das zu machen, was er inzwischen als seine Berufung bezeichnet. „Das Messermachen war wie eine Meditation für mich“, sagt er und erklärt, was er dabei Wesentliches erkannt hat: „Etwas zu schaffen, das du auch in zehn oder fünfzig Jahren noch in die Hand nehmen kannst, hat eine ganz andere Wertigkeit als Zahlen, die irgendwo über einen Bildschirm hüpfen.“Es war klar, er würde die feinen Klamotten nie wieder brauchen. Zur stillen Freude auch seines Vaters Karolj, der selber Handwerker, Restaurator und Berufsschullehrer