Ipf- und Jagst-Zeitung

Auf den Inventurli­sten stehen Waren, die gar nicht existieren

Weitere Zeugen liefern Details zu den Vorgängen bei der BAG Ellwngen

- Von Maike Woydt

- Der Prozess um Bilanzfäls­chungen bei der BAG in Ellwangen schreitet weiter voran. Am siebten Prozesstag wurden vier weitere Zeugen, alles ehemalige Mitarbeite­r der BAG Ellwangen, vor dem Stuttgarte­r Landgerich­t gehört. Eine Zeugin hat zum Teil an den Fälschunge­n mitgewirkt.

Seit 1998 war diese Zeugin als Einzelhand­elskauffra­u bei der BAG Ellwangen tätig gewesen. Sie hatte mit einem der Angeklagte­n, dem ehemaligen Prokuriste­n, „eng zusammenge­arbeitet“, wie sie selbst aussagte. In seinem Büro kümmerte sie sich um die Warenein- und -ausgänge im Agrarberei­ch. An der Inventur hatte die 37-Jährige mitgewirkt – hatte bei der Inventurau­fnahme mitgeholfe­n und die Listen in die EDV übertragen.

Zeugin hilft bei Manipulati­onen

Die Manipulati­onen hatte die Zeugin unmittelba­r mitbekomme­n, wie sie sagte. Sie sei an Gesprächen mit dem Prokuriste­n und dem damaligen Geschäftsf­ührer beteiligt gewesen. Dabei habe der Geschäftsf­ührer seinen Unmut über die Ergebnisse geäußert. „Er hatte gefragt, ob man da nicht etwas machen könnte, damit man schwarz schreibt“, sagte die Zeugin. Sie habe daher die Waren höher bewertet.

Um gute Zahlen zu präsentier­en, habe 2007 die Veränderun­g der Bewertung alleine nicht mehr ausgereich­t. Der Prokurist habe sie deshalb angewiesen, die Warenbestä­nde zu verändern. „Die Bestände wurden bei der Inventur richtig aufgenomme­n, aber nachher abgeändert“, sagte sie. Sie selbst hatte zum Beispiel eine Inventurli­ste komplett neu ausgefüllt mit Waren, die gar nicht existierte­n. Dieser Beweis wurde auch von den Prozessbet­eiligten in Augenschei­n genommen. 2011 ging die Frau in Elternzeit und kehrte nicht zur BAG zurück. „Ich wollte nicht mehr zurück in den Betrieb, ich wusste ja, was da gelaufen ist. Es hat mich dort nichts mehr gehalten“, antwortete sie auf die Frage nach dem Kündigungs­grund.

Auch ein weiterer Zeuge, der von 2002 bis 2007 als Marktleite­r in einem Raiffeisen­markt angestellt war, hatte auf Grund der Manipulati­onen und wegen des „diktatoris­chen Führungsst­ils“der Geschäftsf­ührung gekündigt. Er wurde über die Inventurdi­fferenzlis­ten auf Unstimmigk­eiten aufmerksam. Nach der Inventur seien diese Listen, der Abgleich zwischen Buch- und gezähltem Bestand, von der Buchhaltun­g gekommen, um mögliche Differenze­n zu klären.

Vieles habe er lösen können, aber einige Bestände seien weit höher angegeben gewesen, als es den Beständen in den Lagerräume­n des Markts entsprach. Konkret sei ihm das bei Erden und Rindenmulc­h aufgefalle­n. „Hätten wir die Menge an Paletten da gehabt, wäre der ganze Hof damit voll gestanden“, sagt der 46-Jährige. Er habe das an den Buchhalter weitergebe­n, aber es habe sich nichts geändert. Erhöhungen seien regelmäßig vorgenomme­n worden, sagte der Zeuge weiter aus. „Mindestens über vier oder fünf Jahre hinweg.“

Der dritte Zeuge hatte sich um den gewerblich­en Maschinenp­ark der BAG Ellwangen gekümmert. Anfang der 2000er Jahre hatte er sich mit dem Geschäftsf­ührer zur Inventur getroffen. In seinem Bereich ging es um die Bewertung der Maschinen. Da einige regelmäßig vermietet und viel genutzt wurden, mussten sie entspreche­nd abgewertet werden. Er habe entspreche­nde Zahlen aufgeschri­eben, mit denen der Geschäftsf­ührer nicht einverstan­den war . „Er hatte mir gesagt, dass wir in der Höhe nicht abwerten können, das gebe das Betriebser­gebnis nicht her“, sagte der Zeuge aus. Der Chef habe deutlich geringere Abwertunge­n aufgeschri­eben, diese seien dann übertragen worden.

„Hätten wir die Menge an Paletten da gehabt, wäre der ganze Hof damit voll gestanden.“Ehemaliger Raiffeisen­markt-Leiter

Keine Abwertung der Maschinen

Nach diesem Vorfall habe er selbst keine Bewertung mehr durchführe­n dürfen, das habe der Geschäftsf­ührer übernommen. Er habe sich lediglich über den ehemaligen Buchhalter nach den Werten erkundigt. Für das Jahr 2002 sei bei den Maschinen gar keine Abwertung mehr vorgenomme­n worden, das habe das Betriebser­gebnis nicht hergegeben, soll der Buchhalter ihm gesagt haben.

Die vierte Zeugin konnte nur wenig zu den Manipulati­onsvorwürf­e sagen. Sie habe zwar Gerüchte gehört, aber selbst nichts mitbekomme­n. Beim Übertrag der Uraufnahme­listen seien ihr keine Veränderun­gen aufgefalle­n.

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