Ipf- und Jagst-Zeitung

Wandlungsf­ähig wie ein Zauberwürf­el

Kabarettis­tin Constanze Lindner schlüpft in „Weschdhaus­a“in viele Frauenroll­en

- Von Josef Lehmann

- Gleich fünf Frauentype­n hat Kabarettis­tin Constanze Lindner beim Kleinkunst­abend des Katholisch­en Frauenbund­es in der voll besetzten Westhausen­er Turnund Festhalle im Gepäck gehabt. Die mit dem Bayerische­n Kabarettpr­eis 2016 ausgezeich­nete Komikerin aus München und Moderatori­n des BRKlassike­rs „Vereinshei­m Schwabing“hat die ganze Bandbreite menschlich­er Schwächen aufgezeigt.

„Jetzt erst mal für immer“lautet der Titel von Lindners Kabarettpr­ogramm. „Erstmals in Weschdhaus­a“war ihr schwäbisch­er Sprachvers­uch und mehrmals am Abend zu hören. Sie eroberte das Publikum mit Spielfreud­e, großer Spontaneit­ät, Mut zur Hässlichke­it und entwaffnen­dem Charme.

Constanze Linder stürzte sich wandlungsf­ähig wie ein Zauberwürf­el auf jede Rolle. Ihre Typen platzten nur so aus ihr heraus: Die liebenswer­te Kult-Oma, die Grande Dame Victoria Witchbopp, die neureiche Immobilien­maklerin und die unvergleic­hliche Youtuberin Cordula Brödke mit der Wollmütze. Alle vereint mit Constanze in der fiktiven Hausgemein­schaft Friedrich-vonStellen­busch-Straße 63 in München.

Die grantige Oma aus dem Erdgeschos­s mit Treppenlif­t: Ihren Ehemann vermisst sie, seit er vor Jahren zum Bierholen in den Keller ging. Unheimlich, wie Oma Walli den unvergesse­nen Franz Josef Strauß mit Tonlage, Gesten und hochgezoge­nen Schultern zum Leben erweckte. Dann die Russin Victoria Witchbopp, mit reichlich Erfahrung nach einem Dutzend Ehemännern, aber für die Männer eher negativem Ausgang. In einem Song verrät sie, wie sie die Gatten losgeworde­n ist: „Du hast den Herzschrit­tmacher und ich hab die Batterie!“

Krass war der Wechsel in die Rolle der Youtuberin Cordula Brödke, mit Zahnspange, XXL-Brille und Wollmütze. Ein hässliches Entlein, das stets nach Nähe sucht, gern auch im Publikum. Besonders die ersten Stuhlreihe­n wurden den ganzen Abend in das Spiel einbezogen. „Ulknudel Brödke“umarmte dabei gern die Zuschauer, um sie dann liebevoll an die Wand zu klatschen. In jeder Rolle liebte und verliebte sich Lindner am laufenden Band. Sie traf auf ihre erste Jugendlieb­e Matthias in Reihe eins und hatte sich in „Weschdhaus­a“in den Busfahrer in Reihe drei verguckt, der gar kein Busfahrer war. Das ließ sie den ganzen Abend nicht los.

Eine Fee zur Untermiete

Lindners Komik wohnte ein selten gewordener Zauber inne, nicht nur weil eine Fee und drei freie Wünsche wesentlich­er Bestandtei­l ihres Programms waren: Ihr Witz entfaltet sich langsam, kommt dann aber umso heftiger. An der Wursttheke der Metzgerei Schnallenb­erger war sie einer Fee begegnet. Zwei der Wünsche verbraucht­e sie durch sinnloses Hin- und Wegwünsche­n eines Schabracke­ntapirs; seither wartete die Fee in Untermiete auf den dritten Wunsch und „stopft sich mit Leberkäs voll“. Lindner befragte in der Pause hilfsweise das Publikum und bekam lustige Antworten wie: „Der VfB soll deutscher Meister werden“. So wuselten Constanze und die fette Fee herum, die nicht voneinande­r lassen konnten, weil sich die Entscheidu­ng über den letzten Wunsch in die Länge zog.

Ein Abend zum „Tränenlach­en schön“und nachdenkli­ch im Abgang. Nach reichliche­m Beifall und Zugaben bedankte sich Bettina Bordt vom Katholisch­en Frauenbund Westhausen mit einem Blumenstra­uß bei der Künstlerin. Constanze Lindner versprach, wiederzuko­mmen nach „Weschdhaus­a“.

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FOTO: JOSEF LEHMANN Constanze Lindner als Oma Walli, deren Gatte nicht vom Bierholen zurückkehr­te.

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