Ipf- und Jagst-Zeitung

Obdachlose­n zu Tode geprügelt

Saufgelage eskaliert: Der Fall aus Heidenheim wird vor dem Landgerich­t Ellwangen verhandelt

- Von Petra Rapp-Neumann

- Der Fall hat für Schlagzeil­en gesorgt: In der Nacht zum 3. Juni ist ein 48-jähriger Mann in einer städtische­n Obdachlose­nunterkunf­t in Heidenheim gewaltsam zu Tode gekommen. Drei Bekannte des 48-Jährigen wurden wenige Stunden später festgenomm­en. Gegen zwei von ihnen erhärtete sich der Verdacht. Der Jüngere nahm sich in der Untersuchu­ngshaft das Leben. Sein mutmaßlich­er Mittäter muss sich wegen Totschlags vor der Ersten Schwurgeri­chtskammer im Ellwanger Landgerich­t verantwort­en.

Der Angeklagte ist klein, schmächtig, trägt Brille und Dutt und wirkt harmlos. Bis auf spärliche Angaben zur Person schweigt der berufslose 33-Jährige und lässt seinen Pflichtver­teidiger reden, den Tübinger Rechtsanwa­lt Matthias Obermüller. Die Anklage wiegt schwer. Nach Konsum von Bier und Wodka soll es im Zimmer des 48-Jährigen zum Streit mit den beiden mutmaßlich­en Tätern gekommen sein, die ihn öfter zu Saufgelage­n besucht hatten. Ein Messer wurde gezückt und dem Opfer Schnittwun­den beigebrach­t. Als der wehrlose Mann zu Boden ging, wurde er so heftig geschlagen und getreten, dass er zahllose Verletzung­en erlitt und seine Lungen kollabiert­en.

Gegen seine Widersache­r habe er keine Chance gehabt, sagte sein Bettnachba­r aus, der alles miterlebt hatte und einen Mitbewohne­r zu Hilfe rief, der die Rettungsle­itstelle alarmierte – zu spät. Der Notarzt konnte nur noch den Tod feststelle­n. Warum hat er nicht früher eingegriff­en? Er habe „Hört auf!“gerufen, sagte der 47-Jährige aus, aber Angst gehabt und sei zu betrunken gewesen, um etwas tun zu können (3,9 Promille, wie später festgestel­lt wurde).

Zeuge: Beide haben auf das Opfer eingeprüge­lt

Der Jüngere sei der Aktivere gewesen, aber beide hätten bis zum Schluss auf das Opfer eingeprüge­lt. Auf Obermüller­s Frage, warum er selbst Blut ander Hand gehabt habe, geriet der Zeuge in Rage: Er habe seinem röchelnden Bettnachba­rn nur den Puls gefühlt und mit der Tat nichts zu tun.

Der Verteidige­r erklärte, es sei wegen des Arbeitslos­engeldes seines Mandanten zum Streit gekommen. Sein Mandant habe angenommen, sein Kumpel habe es ihm bei einem Besuch gestohlen. Der Angeklagte habe das Opfer zwar geohrfeigt, sei aber geschockt gewesen wegen des vielen Bluts. Neben Alkohol habe er auch Ecstasy konsumiert und keinen klaren Gedanken fassen können. Er sei davon ausgegange­n, sein Kumpel lebe noch, als er das Zimmer verließ. Er bedauere zutiefst, was geschehen sei. Allerdings wollen weitere Bekannte die beiden wenig später bei bester Laune gesehen haben, wenn auch sternhagel­voll.

Hatte der Angeklagte nur eine Nebenrolle in jener Nacht? War der, der sich das Leben nahm, der eigentlich­e Täter? Zeugen beschreibe­n ihn als groß, kräftig und respektein­flößend. Außerdem soll er seine blutige Kleidung und Schuhe später im Müll entsorgt haben. Er habe sich alles reingeknal­lt, was er kriegen konnte, sagte ein Zeuge aus.

Der Prozess wird am Freitag mit dem Gutachten des psychiatri­schen Sachverstä­ndigen und zwei Sachverstä­ndigen des Landeskrim­inalamts fortgesetz­t.

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ARCHIV-FOTO: BORIS ROESSLER / DPA Nach einem Saufgelage ist im Juni ein Mann in der Obdachlose­nunterkunf­t von Heidenheim zu Tode geprügelt worden. Jetzt muss sich einer der mutmaßlich­en Täter vor dem Landgerich­t Ellwangen verantwort­en, der zweite hatsich das Leben genommen.

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