Fragliche Gemeinnützigkeit
CDU will Deutsche Umwelthilfe überprüfen lassen
(tja) - Die CDU will überprüfen lassen, ob die Deutsche Umwelthilfe (DUH) tatsächlich gemeinnützig ist. Über einen entsprechenden Antrag sollen die Mitglieder beim Bundesparteitag in Hamburg Anfang Dezember entscheiden. Das sagte Baden-Württembergs CDUChef und Bundesvize Thomas Strobl am Montagabend bei einer Podiumsdiskussion der „Schwäbischen Zeitung“in Ehingen (Alb-Donau-Kreis). „Ein Verein, der mit Geldern ausländischer Autokonzerne arbeitet, gefährdet mit seinen Klagen die Existenzen von Menschen“, sagte Strobl. Deswegen wolle man die Bundesregierung auffordern, die Gemeinnützigkeit des Vereins zu prüfen.
Die DUH hatte gegen zahlreiche deutsche Städte geklagt, weil dort die Abgasgrenzwerte überschritten werden. Daher gibt es nun unter anderem in Hamburg bereits Fahrverbote, von 2019 an treten diese auch in Stuttgart in Kraft.
- Sicherheit, Bildung, Diesel: Den Kurs der grün-schwarzen Landesregierung dazu haben am Montagabend Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Innenminister Thomas Strobl (CDU) in Ehingen skizziert. Mehr als 550 Besucher erlebten einen leidenschaftlichen Regierungschef und seinen entspannten Stellvertreter, der sich Seitenhiebe auf die Grünen gönnte.
Für rund 100 000 Euro präsentieren die beiden Spitzenpolitiker derzeit ihre Bilanz. Die dritte von vier Veranstaltungen zur Halbzeit von Grün-Schwarz führte Kretschmann und Strobl in eine CDU-Hochburg. Hier in Ehingen holen Christdemokraten traditionell so viele Stimmen wo sonst nirgendwo im Südwesten.
Doch schwer hatte es Kretschmann dennoch nicht an diesem Abend. Er wiederholte beim Thema Sicherheit seine Positionen zu der Massenvergewaltigung von Freiburg. „Das ist ein scheußliches Verbrechen. Dabei ist es völlig wurscht, ob es Schwaben oder Syrer begehen. Da kommt einer hierher und sucht Schutz, gefährdet aber die Sicherheit anderer. Das geht gar nicht“, sagte der Ministerpräsident und erntete Applaus. Innenminister Strobl strich einmal mehr heraus, dass die Polizei nach bisherigem Stand in Freiburg keinen Fehler gemacht habe. Bei der Innenministerkonferenz will er sich unter anderem dafür einsetzen, dass straffällige Ausländer rascher ausgewiesen werden können.
Plädoyer für Bildungshoheit
Um Unterschiede zwischen den Regierungspartnern ging es auch. „Freiheit und Sicherheit müssen in Balance bleiben. Unsere Aufgabe ist zu schauen, dass die Schwarzen nicht ganz Allgemein zu weit in die Bürgerrechte eingreifen“, schilderte Kretschmann das koalitionäre Verhandlungsschema. Strobl entgegnete: „Ohne Sicherheit ist Freiheit nichts wert – wenn Menschen zum Beispiel Angst haben, nachts auf die Straße zu gehen, ist Freiheit eingeschränkt.“
Ein klares Bekenntnis zu Gymnasien und gegen „Gleichmacherei“im Schulsystem legte Kretschmann in Sachen Bildung ab. Das habe er immer getan. Er lobte die Erfolge der Landesregierung – und damit die Arbeit von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Mehr Unterrichtsstunden für Lesen, Schreiben und Rechnen in der Grundschule, bessere Fortbildungen für Lehrer, eine Stärkung der Realschulen. Zur von Grünen und SPD eingeführten Gemeinschaftsschule sagte er: „Viele schneiden beim Vergleichstest gut ab, aber es werden vielleicht nicht alle Bestand haben – auf welche Schule Eltern ihre Kinder schicken, können wir nicht beeinflussen.“Strobl entgegnete mit einem Lächeln: „Verehrter Herr Ministerpräsident, ob in Ihrer Regierung mit dem alten Partner SPD die Gymnasien nicht zur Disposition standen, lasse ich mal dahingestellt“.
Es folgte Kretschmanns leidenschaftliches Plädoyer gegen Verfassungsänderungen im Bildungsbereich. Wenn der Bund den Schulen fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung geben wolle, solle er das doch machen – aber ohne dafür in die Bildungshoheit der Länder einzugreifen. „Bundesamt für Migration, Eisenbahnbundesamt, Bundeswehr – sind das Erfolgsbeispiele dafür, dass der Bund irgendetwas besser organisieren kann als wir?“, so Kretschmann rhetorisch. Strobl beteuert, er wehre sich ebenfalls gegen die Verfassungsänderung. Und fügte hinzu: „Ich wünsche Ihnen genauso viel Leidenschaft und ein ebenso sachkundiges Publikum wie heute, wenn Sie beim nächsten Bundesparteitag der Grünen darüber sprechen.“Die Grünen im Bund befürworten die Verfassungsänderung.
In der Dieselfrage sieht Kretschmann die Versäumnisse vor allem beim Bund und den Autoherstellern. „Wir tun alles, um Fahrverbote zu verhindern, hoffe, bei Fahrzeugen mit Euro-5-Norm gelingt uns das“, versprach er. Strobl forderte, die Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe prüfen zu lassen. „Ein Verein, der mit Geldern ausländischer Autokonzerne arbeitet, gefährdet mit seinen Klagen die Existenzen von Menschen“, kritisierte Strobl. Die erfolgreichen Klagen hatten Fahrverbote nötig gemacht.
Nach dem Podiumsgespräch, das die Chefredakteure Ulrich Becker („Südwestpresse“) und Hendrik Groth („Schwäbische Zeitung“) moderierten, standen die Regierungsspitzen Bürgern zu Gesprächen zur Verfügung. Die Lehrerfortbildung sei viel zu strikt organisiert, beschied Martin Rößler dem Ministerpräsidenten. „Die Kollegen fahren nach dem Unterricht mittags hin, für Austausch untereinander bleibt dort keine Zeit, dabei ist das mit das Fruchtbarste“, mahnte Rößler, wie Kretschmann selbst Lehrer.
Irmgard Walaschewski gab dem Grünen eine Beschwerde an seinen Verkehrsminister Winfried Hermann mit auf den Weg. „Diese gelbschwarzen Züge, die der bestellt hat, sind nix. Ich kann in Ehingen nicht mit meinem Fahrrad einsteigen, weil der Abstand zum Bahnsteig zu hoch ist. Dabei sollen doch jetzt alle Rad fahren.“
„Der ist in der falschen Partei“
Thomas Strobl bekam von der Bauunternehmerin Katrin Brotbeck den Wunsch mit auf den Weg, integrierte Flüchtlinge nicht abzuschieben. „Wir fühlen uns in der Pflicht, wir kümmern uns“, sagte Brotbeck – aber dann dürften die Menschen nicht aus den Betrieben abgeschoben werden. Drei Damen aus der Frauenunion freuten sich vor allem, dass ihre CDU wieder mitregiert und schickten Strobl mit der Bitte nach Stuttgart zurück, sich für Annegret Kramp-Karrenbauer als neue Bundesparteivorsitzende einzusetzen.
Ein Zuhörer fasste den Abend so zusammen: „Es war kurzweilig, wir werden gut regiert, der Strobl hält die Grünen im Zaum – nur der Kretschmann ist halt in der falschen Partei.“Und so lebt die Wählerschaft im schwarzen Ehingen auch mit einem grünen Landesvater ganz gut.
Wie Zuschauer den Abend erlebt haben, sehen Sie auch in einer Video-Umfrage unter www.schwaebische.de/ halbzeitbilanz