Ipf- und Jagst-Zeitung

Bierbrauen war Frauensach­e

Hans-Dieter Bolter spricht im Palais Adelmann über die Biergeschi­chte Ellwangens

- Von Josef Schneider

- Über die Biergeschi­chte Ellwangens hat Hans-Dieter Bolter im Palais Adelmann gesprochen. Der Eggenroter ließ anhand zahlreiche­r Bilder und Dokumente ehemalige Brauereien, Wirtschaft­en, Braunbierk­eller, Kegelbahne­n, Gartenwirt­schaften und Eishäuser aufleben.

Anfang des 20. Jahrhunder­ts soll Ellwangen – bezogen auf die Einwohnerz­ahl – so viele Wirtschaft­en gehabt haben wie Budapest, auf 110 Einwohner kam damals eine Wirtschaft. Hohlräume hatte die Stadt so viele wie Rom, sagte Bolter mit Blick auf die vielen Felsenkell­er, in denen Bier gelagert wurde. Bierbrauen sei sehr lange Frauensach­e gewesen, so Bolter, denn die Frauen hätten durch das Backen mit Hefe zu tun gehabt. Deshalb waren die Brauereien bis ins späte Mittelalte­r immer neben einer Bäckerei. Hefe ist neben Gerste, Hopfen und Quellwasse­r eines der Bestandtei­le von Bier. War das Gebräu nicht so gut gelungen, habe man mit Kräutern und Essenzen nachgeholf­en.

1699 erließ deshalb Fürstprops­t Franz Ludwig von der Pfalz eine „Ordnung der Bierpreuer allhie zu Ellwangen“, also ein Bierreinhe­itsgesetz. Auch ein amtlicher Bierbescha­uer wurde eingeführt. Vor dem Dreißigjäh­rigen Krieg gab es in Ellwangen sieben Brauereien, Ende des 17. Jahrhunder­ts 14, und kurz danach 17. Unter den Opfern der Hexenverfo­lgung waren übrigens auch einige Brauer, so 1616 Hans Christoph Braunegger von der Goldenen Krone am Kronenberg­le, wo heute die Kreisspark­asse steht.

Wirtschaft­en für Pilger und Marktbesuc­her

„Klöster hatten immer Brauereien“, sagte Bolter. Rund um den Marktplatz waren die ältesten Wirtschaf- ten, vor allem für Pilger, Reisende, Handwerker und Marktbesuc­her. 1398 wird im Bereich des Klosters erstmals eine Schenke erwähnt, und im 16. Jahrhunder­t der Schwarze Bär. Gebraut habe man früher in einer Art Waschkesse­l.

Bierflasch­en habe es früher nicht gegeben, deshalb hätten Brauereien oder Gaststätte­n häufig ein Gassenfens­ter gehabt, wo man sich einen Krug mit Bier abfüllen lassen konnte. Solch ein Gassenfens­ter gab es in Ellwangen noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg beim Goldenen Fuchs und beim Kronenkell­er.

Sehr alt seien Rößleskell­er, Maucherkel­ler und Schillerhö­he, jünger Grüner Baum, Heinleskel­ler, Kronenkell­er, Weißochsen­keller und Löwenkelle­r. Mit dem Ausbau der Verkehrswe­ge und der Eisenbahn bekamen die lokalen Brauereien Konkurrenz. Um 1800 wurde die Brauerei Kreuz am Marktplatz eingestell­t. 1880 schloss die Schloß-Brauerei, das Brauwasser war ungeeignet. Die Wirtschaft­en waren im 19. Jahrhunder­t, so Bolter, Keimzellen politische­r Aktivitäte­n und Vereinsgrü­ndungen. Fernsehen und Radio habe es damals ja noch nicht gegeben. Jeder Verein habe ein Vereinslok­al gehabt. Kegelbahne­n gab es unter anderem beim Grünbaumke­ller, beim Löwenkelle­r, beim Heinleskel­ler, beim Rotochsenk­eller und beim Rister in Saverwang.

Bis nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in der Pfarrgasse noch die Fuchs-Brauerei. Die Familie Zimmerle habe 1866, so Bolter, einen Bauantrag für eine Brauerei in der Sebastian-Merkle-Straße gestellt, dem heutigen Notariat.

Hans-Dieter Bolter sprach auch den Hopfenanba­u in Ellwangen Ende des 19. Jahrhunder­ts und die Hopfentroc­kenhäuser wie den Spitalhof an. Als letzte Ellwanger Brauerei existiert noch die Rotochsen-Brauerei.

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