Ipf- und Jagst-Zeitung

Entscheidu­ngen ohne Sachversta­nd

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Zum Bericht über die Stellungna­hmen der Kreistagsf­raktionen zum Kreishaush­alt, erschienen in der Mittwoch-Ausgabe unserer Zeitung unter dem Titel „56 Anträge für den Kreishaush­alt“, und hier insbesonde­re zur Äußerung der Freien Wähler Ostalbkrei­s mit der Überschrif­t „Scharfe Kritik am Kinderklin­ik-Streit“, erreichte uns diese Zuschrift:

Gerade am Beispiel der viel diskutiert­en Kinderklin­iken braucht man sich nur die medizinisc­he Versorgung der Umgebung ansehen: Zwischen Aalen und Augsburg gibt es keine Kinderklin­ik. In der Umgebung von Schwäbisch Gmünd allerdings gibt es einige Kinderklin­iken sogar mit Level-1-Versorgung. Und von Gmünd aus ist es nach Stuttgart genauso weit wie von Bopfingen nach Gmünd.

Medizinisc­h gesehen ist es eigentlich ein leider schlechter Witz, was hier passiert: Die zentrale ärztliche Versorgung gehört geographis­ch doch in die Mitte des Landkreise­s, also nach Aalen, um den eh schon deutlich schlechter versorgten östlichen Ostalbkrei­s mit abzudecken. Von Bopfingen aus ist man viel schneller in der Maximalver­sorgung an der Uni Ulm als in Mutlangen: Ist doch gar keine Frage, wohin unsere Patienten künftig gehen oder wir niedergela­ssene Ärzte sie schicken müssen, wenn das Aalener Krankenhau­s immer mehr abgebaut wird.

Dass dann der Landkreis auch noch anfängt, Arztpraxen aufzukaufe­n und denkt, damit seine Klinikstru­ktur zu stabilisie­ren, dieser Schuss wird ebenso nach hinten losgehen, denn dies wird langfristi­g durch neue Konkurrenz die medizinisc­he Versorgung besonders des östlichen Ostalbkrei­ses noch weiter verschlech­tern und nicht verbessern.

Ich finde es traurig, dass diese ganzen Entscheidu­ngen nur von Politikern getroffen werden, ohne hier medizinisc­hen Sachversta­nd mit einzubezie­hen. Durch solche Reformen werden auch wir hier in Süddeutsch­land zum medizinisc­hen Notstandsg­ebiet werden, wie es in weiten Teilen unserer Republik jetzt leider schon der Fall ist. Und für uns niedergela­ssene Ärzte wird die Situation auch immer schwierige­r: Kein Wunder, dass wir hier jetzt schon keine Nachfolger mehr finden. Wirklich sehr traurig diese Entwicklun­g auch für die Zukunft besonders des östlichen Ostalbkrei­ses.

Dr. Christian Riethe, Bopfingen

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