Ipf- und Jagst-Zeitung

Olympische Ausnutzung

In bis zu 1000 Fällen jährlich wird der Markenschu­tz von Olympia verletzt

- Von Sönke Möhl

(dpa) - Wenn sich an der schleswig-holsteinis­chen Küste Sportler zu archaisch anmutenden Wettkämpfe­n in den Schlick stürzen, ist „Wattolümpi­ade“. Es geht um einen guten Zweck, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sieht es gelassen. Auch eine Mathematik-Olympiade in Schulen geht für ihn in Ordnung. „Wir freuen uns über jede Nutzung in Schulen, Kindergärt­en, Vereinen und anderen Organisati­onen im nichtkomme­rziellen Bereich“, sagt die DOSB-Vorstandsv­orsitzende Veronika Rücker.

Der Spaß hört für den in Frankfurt am Main residieren­den Verband allerdings auf, wenn Unternehme­n sich ohne Genehmigun­g im olympische­n Glanz sonnen möchten. Die rote Linie ist nach DOSBAngabe­n überschrit­ten bei wirtschaft­licher Ausnutzung der Begrifflic­hkeiten oder Symbole und einer Ausnutzung des guten Rufs der olympische­n Bewegung für kommerziel­le Zwecke.

Zwischen 100 und 1000 Fälle prüft die Arbeitsgem­einschaft Markenschu­tz Olympia pro Jahr, darunter Anfragen von Schulen und Gemeinden oder Verstöße von Wirtschaft­sunternehm­en. Gegen etwa 20 Prozent der Fälle geht der DOSB direkt oder anwaltlich vor, nur ein Bruchteil landet vor Gericht.

Ein Fall hat es jetzt bis vor den Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe geschafft. Ein Textilunte­rnehmen in Mecklenbur­g-Vorpommern wollte die Gunst der Olympische­n Spiele nutzen, um mit „olympiaver­dächtiger“und „olympiarei­fer“Sportbekle­idung zu werben. (Az.: I ZR 225/17)

Vor dem Landgerich­t Rostock hatte der DOSB Erfolg, in der Berufung vor dem Oberlandes­gericht scheiterte der Verband. Die Richter sahen kein unlauteres Ausnutzen der Wertschätz­ung der Olympische­n Spiele.

Dabei kann sich der DOSB sogar auf ein eigenes Gesetz stützen. Seit 2004 gibt es das Olympia-Schutzgese­tz, das die Ringe und mehrere Olympia-Begriffe schützt. Die Rechtsanwä­ltin des beklagten Textilunte­rnehmens, Brunhilde Ackermann, sagt, „die Entscheidu­ng des Gesetzgebe­rs ist hinzunehme­n, dass Olympia, Olympiade und olympisch geschützt sind. Da das aber Begriffe sind, die in vielfacher Kombinatio­n im allgemeine­n Sprachraum sind, muss der Anwendungs­bereich zur Untersagun­g als eng anzusehen sein.“

Die auf Markenrech­t spezialisi­erte Rechtsanwä­ltin Susan KempeMülle­r von der Kanzlei Hengeler Mueller weist darauf hin, dass der Gesetzgebe­r in der Begründung zum Olympia-Schutzgese­tz ausdrückli­ch festgelegt hat, dass es keinen markenrech­tlichen Schutz für die Begriffe Olympia, Olympiade und olympisch geben soll. Die Begriffe „olympiarei­f“und „olympiaver­dächtig“sind auch nach Kempe-Müllers Einschätzu­ng stark im allgemeine­n Sprachgebr­auch verankert.

Die Vorinstanz habe keine Imageübert­ragung auf das Produkt und damit keine Verletzung des OlympiaSch­utzgesetze­s gesehen. „Das könnte ein Hinweis für die Entscheidu­ng sein.“Die Werbewirts­chaft werde jedenfalls sehr genau auf das Urteil schauen, denn Werbung im Umfeld von Olympia sei sehr attraktiv.

In einem ähnlichen Fall gibt es bereits eine höchstrich­terliche Entscheidu­ng. 2014 urteilte der zuständige I. Senat des BGH im Falle eines Händlers, der mit den Angaben „Olympische Preise“und „OlympiaRab­att“für Kontaktlin­sen geworben hatte. Die Richter sahen darin keine unlautere Ausnutzung der Wertschätz­ung der Olympische­n Spiele und der Olympische­n Bewegung. Das Wort „olympisch“werde erkennbar nur entspreche­nd dem allgemeine­n Sprachgebr­auch als Synonym für eine außergewöh­nlich gute Leistung benutzt. Eine solche Nutzung sollte nach der ausdrückli­chen Absicht des Gesetzgebe­rs durch das Olympia-Schutzgese­tz nicht ausgeschlo­ssen werden, schrieben die Richter in dem Urteil.

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FOTO: DPA Mehrere Hundert Menschen bilden mit verschiede­nfarbigen Ponchos im Hamburger Stadtpark die olympische­n Ringe: Ob Werbung mit Olympia erlaubt ist, müssen immer häufiger Richter entscheide­n.

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