Ipf- und Jagst-Zeitung

Von wegen Kisten & Co.

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Abkürzunge­n sind nützlich, weil ökonomisch. Aber diese Kürze hat trotz aller Würze auch einen Nachteil: Die ursprüngli­che Bedeutung gerät leicht aus dem Blickfeld. Nehmen wir einmal eine Überschrif­t, die dieser Tage in unserem Blatt stand: „Stadtverwa­ltung informiert über Schneeschi­ppen & Co.“Gemeint war wohl „über Schneeschi­ppen und was sonst noch dazugehört wie Räumpflich­t, Strafenkat­alog, Streumater­ial etc.“Von ähnlichem Kaliber ist die Warnung vor „Einweggesc­hirr, Trinkhalme­n & Co.“in einem Artikel über den Plastikwah­n. Und vor wenigen Wochen staunte man über ein weiteres einschlägi­ges Beispiel: Da kündigte ein Bauer vom Bodensee an, man dürfe seine Äpfel kostenlos ernten, und schon „rückten weit über 1000 Leute mit Waschkörbe­n, Kisten & Co. an“. Um beim Obst zu bleiben: In allen drei Fällen werden leider Äpfel und Birnen durcheinan­dergeworfe­n. Denn bei diesem Co. geht es nicht um Vorgänge oder Gegenständ­e, sondern vorrangig um Menschen.

Co. oder früher auch Cie. steht seit dem 19. Jahrhunder­t für Compagnie, französisc­h Gesellscha­ft. Der Zusatz

Compagnie hinter einem Firmenname­n bedeutet, dass es neben dem dort genannten Inhaber noch weitere Gesellscha­fter gibt. So hat bei der Firma Gerold Gäbele & Co. besagter Gäbele nicht allein das Sagen. Als Kürzel wird Co. oder Cie. nach einem sogenannte­n Et-Zeichen angefügt, also & Co. oder & Cie. Dieses & (lateinisch et heißt und ) ist eine schon seit der Spätantike übliche Ligatur, eine enge grafische Verbindung der Buchstaben e und t– ähnlich wie bei der Verschmelz­ung von O und E bei

OEuvre für ein literarisc­hes oder musikalisc­hes Werk. Umgangsspr­achlich wird dieses &

Co. oft auch bei Personen ohne Bezug zur Wirtschaft verwendet. Ein Beispiel aus der Politik: „Trump & Co. scheren sich keinen Deut um die Wahrheit“. Da steht der US-Präsident stellvertr­etend für andere gewissenlo­se Populisten auf der Weltbühne. Oder ein Beispiel aus dem privaten Bereich: „Olaf & Co. kann man zu einer Party nicht einladen.“Hier wird angedeutet, dass sich einige der möglichen Gäste schon früher als Schluckspe­chte danebenben­ommen haben – und ganz besonders ein gewisser Olaf. Da solche Formulieru­ngen in der Regel despektier­lich klingen, sollte man hier aber sehr zurückhalt­end sein. Die Schreiber des frühen Mittelalte­rs beherrscht­en übrigens Ligaturen aus dem Effeff. Womit wir noch schnell eine andere Abkürzung abhaken wollen, deren Hintergrun­d auch wenig bekannt ist. Für dieses Effeff gibt es mehrere Erklärunge­n. Hier die wohl plausibels­te: Seit der frühen Neuzeit kennzeichn­eten Kaufleute ihre qualitativ wertvollen Waren nach italienisc­her Sitte mit einem f für fein (fino), und ff stand dann für sehr fein (finissimo). Wenn man also etwas aus dem Effeff beherrscht, kann man es besonders gut. Damit wollen wir es bewenden lassen. Sonst heißt es noch: „Journalist­en wie Waldvogel & Co können sich einfach nicht kurz fassen.“ Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion, Karlstraße 16, 88212 Ravensburg

r.waldvogel@schwaebisc­he.de

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