Ipf- und Jagst-Zeitung

Mann vergeht sich an behinderte­r Frau

Angeklagte­r liefert Geständnis, aber keine Begründung für seine Tat

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(jasc) - Am Nachmittag des 11. Juli hatte der Angeklagte eine behinderte 23-jährige Frau zunächst in eine Kneipe eingeladen und war dort im schwer einsehbare­n Raucherber­eich sexuell übergriffi­g geworden. Der 63-jährige Mann ist deshalb am Donnerstag vor dem Amtsgerich­t wegen sexuellen Übergriffs verurteilt worden.

Die Gastwirtin und eine Zeugin wurden nach kurzer Zeit auf das Geschehen aufmerksam, trennten den Mann von der weinenden Frau und verständig­ten die Polizei. Bei dieser machte der Angeklagte zwar anschließe­nd keine Aussage, vor Gericht konnte es ihm mit dem Geständnis aber nicht schnell genug gehen. Eine Erklärung für die Tat lieferte er nicht. „Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist, ich habe das nicht gewollt, also wirklich“, beteuerte er immer wieder.

Die Frage von Richter Norbert Strecker, ob er sich generell zu jüngeren Frauen hingezogen fühle, verneinte der Angeklagte mehrfach. Denn das Opfer wirkt von seinem Erscheinun­gsbild her noch wesentlich jünger als 23 Jahre.

Eine Zeugin drückte es so aus: „Ich war richtig erschrocke­n, als sie gesagt hat, dass sie 23 ist und ich das auch auf dem Schwerbehi­ndertenaus­weis gesehen habe.“

Dass ihre Behinderun­g auf den ersten Blick festzustel­len sei, betonte auch Richter Strecker. Er wies den Angeklagte­n darauf hin, dass er ihre Wehrlosigk­eit schamlos ausgenutzt habe. Der Beschuldig­te wirkte vor Gericht eher einfältig und leicht verwirrt. Wiederholt erzählte er dem Richter ungefragt nicht relevante Details aus seinem Leben. Ob er die Schwere seiner Tat vollumfäng­lich begriffen hat, darf angezweife­lt werden.

Zweifel an der Einsicht

So kam es zu mehreren empörten Einwürfen von Richter Strecker im Dialog mit dem Angeklagte­n. Als dieser einräumte, er habe das Opfer fünf bis zehn Minuten mit seiner Hand in ihrer Hose gestreiche­lt, mehr aber auch nicht, antwortete Richter Strecker in sehr bestimmtem Tonfall: „Ja, das langt ja auch.“Zumal es der Angeklagte nicht nur bei dieser Berührung des Opfers belassen hatte.

Auch bei der Entschuldi­gung des Angeklagte­n beim Opfer musste Richter Strecker korrigiere­nd eingreifen. Der Angeklagte habe das Opfer zu siezen, außerdem: „Das Opfer muss die Entschuldi­gung nicht annehmen – angekommen ist sie.“

Der Staatsanwa­lt zweifelte in seinem Abschlussp­lädoyer an der Einsicht des Angeklagte­n. Während des Prozesses hatte der Staatsanwa­lt den 63-Jährigen mehrfach falscher Aussagen überführt. So hatte dieser zum Beispiel behauptet, zum Tatzeitpun­kt nur zwei Bier getrunken zu haben. Wie der Staatsanwa­lt dem Protokoll der Polizei entnehmen konnte, wurden beim Angeklagte­n jedoch 1,7 Promille gemessen.

In seiner Urteilsbeg­ründung rechnete Richter Strecker dem Angeklagte­n sein Geständnis aber natürlich an. Damit sei dem Opfer wenigstens die Aussage vor Gericht erspart geblieben. Das Strafmaß lautete ein Jahr und sechs Monate Freiheitss­trafe, bei einer Bewährungs­dauer von drei Jahren. Außerdem muss der Angeklagte 3000 Euro an die Stiftung Haus Lindenhof zahlen.

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