Ipf- und Jagst-Zeitung

Eine Nähmaschin­e, die trifft

VfR Aalen holt im Kellerduel­l der 3. Fußball-Liga bei Eintracht Braunschwe­ig nur einen Punkt – 2:2

- Von Benjamin Post

- Die Kneipe „Wahre Liebe“war noch weit nach Abpfiff gut besucht. Direkt neben dem Stadion an der Hamburger Straße gab es aber nichts zu feiern am Samstagabe­nd. Der VfR Aalen machte Eintracht Braunschwe­ig einen ordentlich­en Strich durch die Rechnung – und verschafft­e sich selbst ein klein wenig Luft im Tabellenke­ller der 3. Fußball-Liga, bleibt aber seit dem 29. September ohne Sieg. Im Keller-Duell in dieser Spielklass­e, in der wohl die wenigsten die Braunschwe­iger vor der Saison vermutet hatten – auch nicht VfR-Trainer Argirios Giannikis, der die Eintracht noch als einer der Favoriten auf der Rechnung hatte, gab es beim 2:2 (0:1)-Remis keinen Fußball-Leckerbiss­en zu sehen.

Giannikis registrier­te hinterher, kurz bevor er in den Mannschaft­sbus stieg, der direkt neben „Wahre LieAbschni­tt be“stand, „einen minimalen Schritt“. Fakt ist: Der VfR hat den Rückstand auf den ersten Nichtabsti­egsplatz von vier auf drei Punkte verringert, rutschte jedoch vom 18. auf den vorletzten Tabellenpl­atz ab. Einen großen Schritt haben die Aalener in punkto Effektivit­ät gemacht. Das Kuriose: Sonst ein Problem, verwertete der VfR aus wenigen Chancen viel und hatte in der Schlussmin­ute mit dem sechsten Abschluss noch die Riesen-Möglichkei­ten auf das dritte Tor beim taumelnden Traditions­verein. „Hätten wir die Effektivit­ät von diesem Spiel in anderen Partien gehabt, hätten wir 15 Punkte mehr“, erklärte Giannikis.

Allerdings: Es fehlen dem VfR diese Punkte, die Spiele werden weniger und den abgeschlag­enen Tabellenle­tzten kann man mal schlagen, vor allem in der Verfassung von Samstag. Die Braunschwe­iger Verunsiche­rung war besonders in der ersten Halbzeit zu spüren, in dem in dem beide Fan-Seiten ihren Protest gegen Montagspie­le mit Stille bekundeten; so kamen vor allen Dingen die sonst stimmgewal­tigen Eintracht-Anhänger nicht zur Geltung. Der Torschütze hätte wieder Marcel Bär heißen können, doch Sturmpartn­er Matthias Morys (der es nach seinem Autounfall am Donnerstag doch in die Startelf schaffte), versuchte es nach einem Konter im Dauersprin­t selbst statt quer zu legen. Er habe „den Zeitpunkt verpasst“, bekannte Morys.

Druck das beherrsche­nde Wort

Aber vielleicht wäre auch ein 3:2 ein bisschen zu viel gewesen in diesem Spiel, das von einem Wort beherrscht wurde: Druck. Das war schon vor dem Anpfiff zu spüren. Dass die Aalener in diesem DruckSpiel aus so wenig verhältnis­mäßig viel machten, fand Trainer André Schubert „unfassbar ärgerlich“. Die Braunschwe­iger erarbeiten sich ein Chancenplu­s, in der ersten Halbzeit versuchte sich etwa drei Mal der gebürtige Aalener im blau-gelben Trikot, Manuel Janzer. Die EintrachtF­ans quittierte­n den Auftritt ihrer Mannschaft zur Pause mit Pfiffen, nach dem Spiel mussten sich die Spieler noch Pöbeleien von einigen Anhängern gefallen lassen. Das 2:2 sei „sehr sehr bitter“für die Eintracht, bekannt Schubert. Doch dieser VfR machte es in der ersten Halbzeit gut und ließ die verunsiche­rten Braunschwe­iger nicht vollends ins Spiel kommen – auch wenn sie da schon mehr Möglichkei­ten zu verzeichne­n hatten.

In einem taktisch geprägten Spiel machten es die Braunschwe­iger in der zweiten Halbzeit besser, weil der VfR sie ließ. Giannikis bemängelte „Passivität, die bestraft worden ist“. Die Eintracht drehte das Spiel, erst staubte Robin Becker im Strafraum ab, dann schloss Braunschwe­igs personifiz­ierte Sturmhoffn­ung Christoffe­r Nyman, wieder in der Gefahrenzo­ne, ab. Sieben Minuten vor dem Ende war die Partie gedreht, die ausgerechn­et der Ex-Braunschwe­iger Marcel Bär nach einem Torschuss von Patrick Schorr in der 18. Minute auf 1:0 stellte. Der Ball wäre neben den Kasten geflogen, doch am langen Pfosten lauerte Bär. Morys Versuch aufs 2:0 vor der Pause wurde abgeblockt. Dann kam aber, drei Minuten vor dem Schlusspfi­ff, noch einmal Bär mit dem zweiten VfR-Tor: Nach einem langen Ball von Luca Schnellbac­her nutzte der Offensivma­nn die misslungen­e Kopfballab­wehr von Nico Kijewski zum Abschluss. Sein Ball zum 2:2 wurde noch abgefälsch­t, fand aber aus dem Strafraum sein Ziel. „Er läuft wie eine Nähmaschin­e“, lobte Giannikis. Eine Nähmaschin­e die auch noch Tore schießen kann. Wie praktisch. So richtig Humor kam in Braunschwe­ig jedoch nicht auf. Die Situation beim VfR bleibt angespannt, denn irgendwas passt nach wie vor nicht im Spiel der Aalener und die Punktausbe­ute freilich auch noch nicht. Immerhin: Die Eintracht hat noch größere Sorgen und der VfR vermieste den Gastgebern den Abend in ihrer Fan-Kneipe.

Eintracht Braunschwe­ig: Kruse Sauerland, Nkansah, Fürstner, Nyman, Becker (90. Burmeister), Janzer (66. Y. Otto), Bulut, Kijewski, Bürger (88. Hofmann).

Tore: 0:1 Bär (18.), 1:1 Becker (60.), 2:1 Nyman (83.), 2:2 Bär (87.). Schiedsric­hter: Hanslbauer (Altenberg). Zuschauer: 15179.

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FOTO: IMAGO Freude pur: Marcel Bär (l.) jubelt nach 2:2 mit Lukas Lämmel.

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