Ipf- und Jagst-Zeitung

Mühsame Aufklärung

- Von Katja Korf k.korf@schwaebisc­he.de

Zehn Tote, ermordet aus Fremdenhas­s und Ablehnung dieses Staates. Ermordet von drei Rechtsterr­oristen. Diese perfiden Taten des Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­s (NSU) liegen lange zurück. Ihre Aufarbeitu­ng erweist sich als mühsam. So brachte der zweite NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss im Stuttgarte­r Landtag wenig Neues zutage, er hat sich aber dennoch gelohnt. Doch wer aus dem NSU lernen will, muss mehr tun als aufklären.

Zunächst ist es ein Verdienst, Verschwöru­ngstheorie­n als solche zu entlarven. Nach allem, was derzeit bekannt ist, steht fest: Den Polizisten­mord auf der Heilbronne­r Theresienw­iese hat der NSU begangen. Verwicklun­gen ausländisc­her Geheimdien­ste oder von Islamisten scheinen damit widerlegt. Es zählt zu den unbefriedi­genden Antworten, dass der Ausschuss keine Unterstütz­er des Terror-Trios im Südwesten finden konnte. Dass es diese nicht gab, halten viele Experten weiter für sehr unwahrsche­inlich, doch es gibt eben keine Beweise dafür. Wohl aber dafür, dass es eine aktive rechte Szene im Südwesten gibt. Der NSU mag Geschichte sein, seine ideologisc­he Heimat ist es nicht.

Allerdings offenbarte der Ausschuss ein Grundprobl­em. Es zeigte sich bei der Befragung zahlreiche­r Zeugen aus der rechten Szene. Viele Parlamenta­rier können sich schlicht nicht vorstellen, wie junge Menschen auf Abwege geraten. Sie bewegen sich in einem Umfeld, über dessen Tellerrand der Blick nicht reicht. Da fragt ein Abgeordnet­er, was die Eltern einer Zeugin dazu gesagt haben, wenn diese eine Unbekannte, nämlich Beate Zschäpe, mit nach Hause brachte. Dass es Eltern gibt, die sich um so etwas nicht kümmern – unvorstell­bar. Eine Parlamenta­rierin war empört, dass es Jugendlich­e „ohne Vorbilder oder politische­s Interesse“geben soll, die sich mit Musik und Bier begnügen. Dass das für sehr viele Teenager gilt – kam im Weltbild nicht vor.

Wer Politik machen will, darf sich nicht nur beim eigenen Klientel bewegen. Wenn etwas schiefläuf­t, zeigt sich das oft zuerst außerhalb des eigenen sozialen Biotops.

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