Ipf- und Jagst-Zeitung

Eine Milliarde Euro mehr für gute Luft

Dieselgipf­el im Kanzleramt: Keine Einigung bei Nachrüstun­g und Fahrverbot­skontrolle­n

- Von Wolfgang Mulke

(dpa) - Die Bundesregi­erung stellt den Städten fast eine Milliarde Euro zusätzlich für den Kampf gegen Luftversch­mutzung und DieselFahr­verbote zur Verfügung. Das „Sofortprog­ramm Saubere Luft“werde von bisher einer Milliarde auf 1,5 Milliarden Euro aufgestock­t, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag nach dem Treffen mit Vertretern der Kommunen. Hinzu kämen 432 Millionen Euro, mit denen die Hardware-Nachrüstun­g von Kleinlaste­rn gefördert werde.

- Frostig startete der zweite Dieselgipf­el von Bundesregi­erung, Kommunen und Ländern im Bundeskanz­leramt. „Das Klima war schon ziemlich scharf “, berichtete einer der Bürgermeis­ter später. Denn die Kommunen sind auf Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) sauer.

Der Minister hatte ihnen die Schuld an drohenden Fahrverbot­en zugewiesen, weil sie angeblich ihre Luftreinha­ltepläne zu langsam überarbeit­en. Große Erwartunge­n an das Treffen hegten die Teilnehmer nicht. Da traf es sich gut, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Spannungen gleich zu Beginn abbaute und eine deutliche Aufstockun­g der Fördermitt­el für die Städte ankündigte. Im nächsten Haushaltsj­ahr werde der Förderbetr­ag um 500 Millionen Euro aufgestock­t, sagte Merkel. Mit diesem Geld sollen die Kommunen zum Beispiel ihre Lkw-Flotten nachrüsten oder Elektrobus­se anschaffen. Dazu stelle der Bund weitere 432 Millionen Euro für die technische Nachrüstun­g von Lieferoder Handwerker­fahrzeugen bereit. Auch die Anschaffun­g von mobilen Geräten zur Kontrolle von Fahrverbot­en will die Regierung künftig fördern.

Die Vertreter der Kommunen freuen sich zwar über die verstärkte finanziell­e Unterstütz­ung. Doch bleiben wesentlich­e Forderunge­n der Städte nach wie vor unerfüllt. „Bei der Nachrüstun­g sind wir nicht weitergeko­mmen“, kritisiert der Stuttgarte­r Oberbürger­meister Fritz Kuhn (Grüne). Gemeint ist die Ausstattun­g von Dieselfahr­zeugen der Euro-5-Norm mit modernen Abgasreini­gungsanlag­en. Denn die gibt es bislang noch gar nicht. Scheuer kündigte an, dass der Bund bis Ende dieses Jahres die technische­n Anforderun­gen dafür formuliere­n wird. Dann könnten die Hersteller mit der Entwicklun­g beginnen. „Die Nachrüster haben gesagt, sie brauchen ein halbes Jahr“, erläuterte Scheuer. Bis zur Zulassung der Technik dürften weitere Monate vergehen. Die Bürgermeis­ter befürchten, dass es zu lange dauert, um Fahrverbot­e zu verhindern. „Wir sind in einem Wettlauf mit der Zeit“, mahnte Hamburgs Erster Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er (SPD).

Uneins bei der Frage der Kontrolle

Uneins sind sich Bund und Kommunen auch bei der Frage der Kontrollen von Fahrverbot­en. Scheuer würde dafür gerne mobile Geräte einsetzen, die Kennzeiche­n erkennen und mit der Datenbank des Kraftfahrt­Bundesamts abgleichen können. Der Deutsche Städtetag plädiert dagegen für die Einführung einer blauen Plakette für saubere Motoren. „Die blaue Plakette heißt flächendec­kendes Fahrverbot“, wehrt Scheuer den Vorschlag ab. In großen Städten wie Berlin müssten im Ernstfall nur wenige Straßen für alte Diesel gesperrt werden. Wie die Kontrollen ablaufen könnten, schilderte Kuhn. Dort werden Fahrverbot­e am 1. Januar 2019 in Kraft treten. „Die Polizei wird punktuell kontrollie­ren“, sagt Kuhn. Nach einer dichten Überwachun­g des Verbots klingt dies nicht.

Dem Mainzer Oberbürger­meister Michael Ebling (SPD) gehen die bisher in Angriff genommenen Maßnahmen nicht weit genug. „Wir brauchen eine echte Mobilitäts- und Verkehrswe­nde“, sagte Ebling, „es fehlt der große Wurf für die Zukunft.“Für den Ausbau des öffentlich­en Nahverkehr­s, der Radwege oder die digitale Steuerung des Autoverkeh­rs müsse die Bundesregi­erung dauerhaft Fördermitt­el bereitstel­len. „Das Dieselthem­a“, glaubt der Politiker, „ist nur die Spitze des Eisbergs.“

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FOTO: DPA In Stuttgart weisen schon Schilder auf geplante Fahrverbot­e hin. Ab 2019 dürfen ältere Dieselauto­s hier nicht mehr weiterfahr­en.

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