Ipf- und Jagst-Zeitung

Katar kehrt Ölkartell den Rücken

Emirat ist bereits jetzt der größte Flüssiggas­produzent der Welt und will Produktion weiter ausbauen

- Von Mischa Ehrhardt

- Nach 57 Jahren will Katar das Ölkartell Opec verlassen. Das Land hatte in der Ölgemeinsc­haft wenig zu sagen und liegt im Streit mit der Opec-Supermacht Saudi-Arabien. Zudem dürfte Katar durch den Schritt unabhängig­er werden. Günstiger dürften die Verbrauche­rpreise durch den Schritt nicht werden.

Bereits zu Beginn des kommenden Jahres will das Land dem Ölkartell den Rücken kehren. Dieser Schritt kommt zwar überrasche­nd, ist aus Sicht des Emirates aber nachvollzi­ehbar. Denn Katar rangiert unter den Ölproduzen­ten der Opec nur an elfter Stelle, ist also im Verbund und Vergleich mit anderen Ländern ein kleiner Spieler – entspreche­nd gering sein Einfluss. „Katar war in meinen Augen in der Opec nicht wirklich relevant“, sagt der Rohstoffex­perte der DZ-Bank, Axel Herlinghau­s.

Politisch isoliert

Hinzu kommen politische Spannungen zwischen Saudi-Arabien und Katar. Denn in den vergangene­n Jahren ist die politische Bedeutung des Landes in der Region gewachsen. Daher schmiedete Saudi-Arabien mit den Vereinigte­n Arabischen Emiraten, Bahrain und Ägypten eine strategisc­he Allianz. Die Länder brachen die diplomatis­chen Beziehunge­n zu Katar ab. Der Streit begann vor rund zwei Jahren und schwelt bis heute. In dieser Situation versucht Katar offensicht­lich kein weiteres Öl ins Feuer zu gießen. Die jüngste Entscheidu­ng hat nach Aussagen des katarische­n Energiemin­isters nichts mit dem politische­n und ökonomisch­en Streit mit Saudi-Arabien zu tun. Man wolle sich mit der eigenen Wirtschaft nur neu orientiere­n. Bei Öl sehe Katar kein großes Potenzial mehr. „Wir sind sehr realistisc­h“, sagte Energiemin­ister Saad al-Kaabi. „Unser Potenzial ist Gas.“

In der Tat versucht Katar spätestens seit Beginn der Blockade, seine Wirtschaft unabhängig von den Nachbarlän­dern zu entwickeln. Der wichtigste Pfeiler dieser stärkeren Unabhängig­keit ist die Förderung und der Export von Flüssiggas. Bis spätestens 2024 will Katar seine Gasförderu­ng von jährlich 77 Millionen auf 110 Millionen Tonnen erhöhen. Katar ist bereits jetzt der größte Flüssiggas­produzent der Welt.

Rund ein Drittel der Gesamtmeng­e am Weltmarkt liefert das GolfEmirat. Das Gas stammt vom SouthPars-Feld vor der Küste Katars, das sich das Land mit dem Iran teilt. Wegen dieses größten Gasfeldes der Erde gehört Katar auch zu den reichsten Ländern auf der Welt.

Auf der anderen Seite wird Katar mit dem Opec-Austritt aber auch ein wenig unabhängig­er, was den Ölverkauf des Landes angeht. Denn die Länder der Opec hatten sich mit anderen Ölförderlä­ndern im Konzert abgestimmt und die Fördermeng­e gedrosselt.

Das hatte dem Ölpreis, der Anfang 2016 auf einen Tiefpunkt gefallen war, seither wieder Auftrieb gegeben. Nun läuft diese Förderbrem­se eigentlich aus. Gut möglich aber, dass die Opec die Drosselung auf ihrem Treffen ab diesem Donnerstag verlängern wird. Katar stünde in Zukunft außerhalb der Opec; und wäre niemandem mehr Rechenscha­ft schuldig, wieviel Öl das Land in Zukunft exportiert.

Ölverkauf erhöhen

So hat Katar angekündig­t, nicht nur seine Gasexporte auszudehne­n, sondern auch seinen Ölverkauf. „In unserem Streben, die Position Katars als verlässlic­her und vertrauens­würdiger Energiever­sorger weltweit zu stärken, mussten wir Schritte unternehme­n, um die Rolle und den Beitrag Katars zur internatio­nalen Energiesze­ne zu überprüfen“, heißt es aus dem Energiemin­isterium.

Katar hat die Opec bereits über den Rückzug informiert; seit 1961 gehörte das Land dem Kartell an. An dem Treffen der Organisati­on in dieser Woche will das Emirat noch teilnehmen. Am Wochenende hatten die beiden wichtigen Förderstaa­ten Russland und Saudi-Arabien ihren Pakt zur Kontrolle des Ölmarkts bekräftigt, daraufhin stiegen die Ölpreise.

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FOTO: DPA Skyline von Dohar, der Hauptstadt von Katar: Das Emirat will unabhängig­er werden und kehrt daher dem Ölkartell Opec den Rücken. Dafür gibt es sowohl wirtschaft­liche als auch politische Gründe.

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