Ipf- und Jagst-Zeitung

Staatsanwa­lt fordert sieben Jahre

Drogendeal­erprozeß am Landgerich­t: Urteile fallen am Freitag

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(R.) - Ein weiterer Verhandlun­gstag im Drogendeal­erprozess im Ellwanger Landgerich­t. Der Saal im zweiten Stock bietet kaum genügend Raum für fünf Angeklagte, fünf Verteidige­r, zwei Dolmetsche­r und zwei SEK-Beamte. Doch der Schwurgeri­chtssaal ist derzeit belegt – dort finden juristisch­e Examen statt. Vier Männer und eine Frau sind angeklagt, zwischen Aalen und Nürtingen von November 2017 bis zu ihrer Festnahme am 6. Februar einen bandenmäßi­gen Handel mit Kokain und Marihuana betrieben zu haben (wir berichtete­n mehrfach).

An die Sicherheit­sschleuse ist man inzwischen gewöhnt. Neu sind zwei SEK-Beamte mit schusssich­eren Westen, die einen der Angeklagte­n abschirmen. Der 36-Jährige hatte ausgepackt, der Haftbefehl wurde aufgehoben. Weil er sich seitdem durch einen Mitangekla­gten bedroht fühlt, wurden er und seine Familie in ein Zeugenschu­tzprogramm aufgenomme­n.

„Wenn sich ihm jemand nähern sollte, wird das sofort mit geeigneten Maßnahmen unterbunde­n“, mahnte Gerhard Ilg, Vorsitzend­er Richter der Ersten Großen Strafkamme­r am Montag. Die Stuttgarte­r Rechtsanwä­ltin Martina Kohler bestritt die Bedrohung durch ihren Mandanten: „Das ist glatt gelogen.“

Aufgrund des Geständnis­ses ging der Polizei am 14. November bei einer gezielten Fahrzeugko­ntrolle auf der A3 bei Aschaffenb­urg ein dicker Fisch ins Netz: Sie fand 12,9 Kilogramm Kokain mit einem Schwarzmar­ktwert von rund 1,1 Millionen Euro, profession­ell in einem Pkw mit Aalener Halter verbaut.

„James-Bond-mäßiges“Versteck

Der 30-jährige Fahrer kam aus den Niederland­en und soll zur Aalener Drogenszen­e gehören. „Es war der größte Rauschgift­fund der letzten Jahre“, erklärt der ermittelnd­e Kriminalha­uptkommiss­ar. Rotterdam sei die Anlaufstel­le für die Beschaffun­g von Kokain. Die Polizei habe Zweifel, dass die komplette Menge für Aalen bestimmt gewesen sei, doch habe der Verdächtig­e Aalen als nächstes Ziel in sein Navi eingegeben. Das Versteck sei „James-Bondmäßig“profession­ell gewesen.

Durch das Geständnis war die Polizei auch auf ein Versteck im Fahrzeug des mutmaßlich­en Kopfs der Bande aufmerksam geworden. Spezialist­en des Landeskrim­inalamts fanden heraus, dass der Airbag am Beifahrers­itz ausgebaut worden war und der Hohlraum genug Platz für 20 Kilo Kokain bot. Diese soll der Hauptangek­lagte Anfang Januar in Nordrhein-Westfalen beschafft haben. Die aufgrund des Geständnis­ses eingeleite­ten Ermittlung­en sind noch nicht abgeschlos­sen. Es gibt Hinweise auf konkurrier­ende Dealer-Ringe vom Balkan, die in Aalen ihr Unwesen treiben.

Hier kommt die angeklagte Frau ins Spiel. Nachdem dem Kopf der Bande durch einen inzwischen flüchtigen Konkurrent­en der Hahn zugedreht worden war, soll sie den Kontakt nach Nürtingen hergestell­t haben. Auf dieser Schiene konnte weiteres Rauschgift beschafft werden.

Sie sei Mittäterin, so Staatsanwa­lt Jens Weise in seinem Plädoyer. „Ohne sie hätte der Handel nicht funktionie­rt.“Weise beantragte drei Jahre und neun Monate Haft für die Angeklagte, die daraufhin zusammenbr­ach. Für die beiden Angeklagte­n, die die Zügel in der Hand hielten, plädierte er auf sieben Jahre beziehungs­weise sechs Jahre und sechs Monate. Der 46-jährige Kurierfahr­er soll wegen Beihilfe für dreieinhal­b Jahre ins Gefängnis. Der geständige Angeklagte wird das Gericht vermutlich als freier Mann verlassen. Für ihn beantragte Weise zwei Jahre auf Bewährung.

Die Verhandlun­g wird am Freitag fortgesetz­t. Dann werden auch die Urteile erwartet.

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