Ipf- und Jagst-Zeitung

Zwei Konfession­en streiten sich ums Eisenerz

Bei der Barbarafei­er gibt es die szenische Lesung „Mit Gewalt das Wasser abgedreht!“von Georg Wendt

-

(lem) Heute ist Barbaratag. Der Verein Besucherbe­rgwerk Tiefer Stollen feiert ihn mit seiner traditione­llen Feier zur Ehre der Schutzheil­igen der Bergleute. Im Wasseralfi­nger Bürgersaal gibt es (ab 20 Uhr) etwas ganz Besonderes zu hören: Aalens Stadthisto­riker Georg Wendt reist mit der szenischen Lesung „Mit Gewalt das Wasser abgedreht!“ins 16. Jahrhunder­t, als der vorindustr­ielle Eisenerzab­bau in der Region so richtig Tempo aufnahm. Das führte zu fast grotesken Streitigke­iten, bei denen die Konfession kräftig mitmischte. Es ging handfest zu. Und: Schon damals war Umweltvers­chmutzung ein Thema.

Wendt hat im Landesarch­iv in Ludwigsbur­g recherchie­rt und ist auf diese Dokumente gestoßen. Ganz kurz zur Vorgeschic­hte: Der Eisenschme­lze in der Aalener Bucht war wenig Glück beschieden. Immer wieder gab es Rechtsstre­itigkeiten unter den Akteuren um die Herrschaft über das begehrte Eisenerz. Möglicherw­eise wegen dieser Streiterei­en entschied sich die Reichsstad­t Ulm, am Weißen Kocher 1541 in Unterkoche­n einen neuen Schmelzofe­n zu bauen. Später kam eine Schmiede dazu. Dann wird es komplizier­t mit den Besitzverh­ältnissen und den Ansprüchen. Schon zu Beginn der 1560er-Jahre kam es immer wieder zu Streit zwischen dem „Factor“, also dem Geschäftsf­ührer der Schmiede und dem „Hochmüller“wegen der Wassernutz­ung. Auch die Umweltprob­lematik spielte eine Rolle. Denn die SchlackenA­blagerunge­n verunreini­gten das Wasser unterhalb der Kocherquel­le. Zur absoluten Eskalation, so Wendt, kam es aber im Mai 1568: Der „Factor“des Hammerwerk­s geriet mit dem Vogt des Amts Kocherburg in die Haare. Der Vogt war ellwangisc­h, also „gut katholisch“. Der Factor war evangelisc­h. Was genau geschehen war, ist in einem langen Bericht überliefer­t, den der ellwangisc­he Vogt an den Fürstprops­t schrieb und den Wendt in Auszügen zitiert. Auch dazu gibt es eine Vorgeschic­hte: Der Vogt Jacob von Tannenburg hatte seinem Knecht aufgetrage­n, das „wässerin“, also den Häselbach oder Kocher so umzuleiten, dass die herrschaft­lichen Wiesen bewässert werden.

„Es ging hoch her“, erklärt Wendt: Ohne Wasser kann die Schmiede nicht arbeiten und damit fährt man Verluste ein. Es ging um Autoritäte­n, die sich jeweils nicht anerkennen. Und es ging um zwei Konfession­en, die aufeinande­rprallten. Man stand sich mit Verachtung gegenüber – das kommt immer wieder in dem Ausdruck „Pfaffen“zum Ausdruck. Das ist Geschichte: Die Barbarafei­er beginnt mit einem ökumenisch­en Gottesdien­st im Alten Kirchle.

Newspapers in German

Newspapers from Germany