Wie viel Fußball darf es noch sein?
Fragen und Antworten zur dritten Europapokal-Liga – wieso der DFB zugestimmt hat
(dpa/SID) - Das Rezept ist nicht ganz neu und längst bewährt: Wer im Fußball noch mehr Geld verdienen – oder sich seine Wiederwahl sichern – will, der blähe die Wettbewerbe auf. So geschehen bei der EM, die längst mit 24 statt 16 Mannschaften ausgetragen wird, so geplant für die WM, an der ab 2036 48 statt 32 Mannschften teilnehmen sollen – und so nun beschlossen für den Europapokal.
Ab der Saison 2021/2022 gibt es nicht mehr zwei, sondern drei Europapokalwettbewerbe. Unter Champions League und Europa League kommt noch die Europa League 2. Wer sich das schon wieder ausgedacht hat, wie das funktionieren soll und wer sich das anschauen soll – Fragen und Antworten:
Wer soll bei der Europa League 2 mitspielen?
Wie in der Champions League und der (dann ebenfalls reformierten) Europa League werden 32 Teams in dem neuen Wettbewerb antreten. Jeweils einer davon kommt aus den Top-5-Ligen, aus der Bundesliga wäre das der Tabellensiebte. Allerdings ist noch offen, wie, zu welchem Zeitpunkt und in welchen Wettbewerb die Pokalsieger einsteigen. Die weiteren Teams stellen vor allem die kleineren Ligen unter den 55 UEFA-Mitgliedsverbänden, die bislang kaum eine Chance auf eine Teilnahme am Europapokal hatten. „Das wird kein Cup der Namenlosen“, sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel, der den neuen Wettbewerb mitentschied.
Wie wird der Modus sein?
Das Modell ist relativ simpel. Die 32 Teilnehmer spielen in acht Gruppen mit Hin- und Rückspiel die Gruppenersten und -zweiten aus. Die Sieger sind direkt für das Achtelfinale qualifiziert. Die Gruppenzweiten spielen in einer Zwischenrunde mit den Gruppendritten der Europa League weitere acht Teilnehmer des Achtelfinals aus. Anschließend geht es im K.o.Prinzip weiter bis zum Finale. Der Sieger darf in der folgenden Spielzeit in der Europa League spielen. Die Spiele der EL 2 finden wie die Partien der Europa League donnerstags statt, Anpfiff soll teilweise bereits um 16.30 Uhr sein.
Warum führt die UEFA die dritte Euopapokalliga ein?
Der Wunsch kam – siehe oben – speziell aus den Fußball-Schwellenländern. Teams aus Rumänien, Schweden, Ungarn, aber beispielsweise auch Liechtenstein oder Andorra versprechen sich Zugang zu den Geldtöpfen des Europacups. . „Es gab das weitverbreitete Verlangen der Vereine, ihre Chancen auf eine regelmäßigere Teilnahme am Europacup zu steigern. Das haben wir hiermit gewährleistet“, zeigte sich UEFA-Präsident Aleksander Ceferin stolz.
Was bedeutet die UEL2 für die Bundesliga?
Bleibt die Bundesliga unter den vier Topligen, nehmen weiter vier Teams an der Champions League teil. Zwei Mannschaften sind weiter direkt für die Gruppenphase der Europa League qualifiziert – in der Regel der Pokalsieger und der Bundesligafünfte. Relevant wird die EL2 für den Bundesligasechsten oder -siebten.
Wie reagieren Fanvertreter?
„Das ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Faninteressen von der UEFA immer weniger beachtet werden“, sagte Jochen Grotepaß von der Fan-Interessengemeinschaft „Unsere Kurve“. Und weiter: „Da wird wieder weiter an der Kommerzialisierungsschraube gedreht.“Grotepaß rechnet damit, dass verschiedene Fanszenen auch zum Thema Europa League 2 Protestaktionen starten könnten. Das Gefühl, dass durch noch mehr Fußball der Markt übersättigt wird, wächst immer mehr. Es passt in die Großwetterlage des Weltfußballs, in der FIFA-Boss Gianni Infantino versucht, mit Milliarden-Offerten von Investoren Argumente für eine neue Club-WM und eine globale Nations League zu finden.
Wieso hat Reinhard Grindel zugestimmt?
Die Europa League 2 ist sicher kein Lieblingsprojekt von Grindel. Er stimmte dennoch für die Einführung – aus politischen Gründen. Wenige Wochen nach dem EMZuschlag für 2024 das erste größere Projekt des Wahlvolks aus den kleinen Verbänden abzulehnen, hätte ihm als Signal der Arroganz ausgelegt werden können. Da die Folgen für den deutschen Fußball überschaubar bleiben, konnte Grindel wie seine Kollegen aus England oder Italien zustimmen und dies als Zeichen der Solidarität mit den kleinen und mittleren Verbänden verkaufen.