Ipf- und Jagst-Zeitung

Luitz sorgt für das andere Extrem

Skiverband nach Dreßens Kreuzbandr­iss unter Schock – dann siegte der Allgäuer

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(SID) - Der junge Mann, der da am Montagnach­mittag sein Gepäck durch den Flughafen in München schob, schien arg übermüdet, aber mindestens im gleichen Maß überglückl­ich. Fast 16 Stunden hatte seine Rückreise aus Beaver Creek via Denver und Frankfurt gedauert, doch Stefan Luitz schienen die Strapazen nichts ausgemacht zu haben. Warum auch? Schließlic­h war das, was ihm da am Sonntag, nur wenige Stunden vor seinem Rückflug in die Heimat, gelungen war, fast märchenhaf­t. Oder „einfach unbeschrei­blich“, wie der 26 Jahre alte Allgäuer aus Bolsterlan­g seinen ersten Weltcupsie­g nannte. „Die einzige Dusche, die ich bislang hatte, war die Sektdusche“, gab er bestens gelaunt zu.

Es war eines der bemerkensw­erteren Comebacks eines Skirennläu­fers. Nach dem besten Saisonstar­t seiner Karriere hatte der hochveranl­agte, häufig aber wenig konstante Riesenslal­om-Spezialist am 17. Dezember 2017 in Alta Badia seinen zweiten Kreuzbandr­iss erlitten. Nun, elfeinhalb Monate später, gelang ihm bei seinem Saisonstar­t der erste Weltcupsie­g. Was allein schon deshalb bemerkensw­ert ist, weil auch ausgeheilt­e Kreuzbandr­isse sonst länger nachwirken.

„Er hat mit den schwersten Weg aller Weltcupfah­rer gehen müssen“

„Damit hat keiner von uns gerechnet. Mit einer Platzierun­g unter den ersten Zehn wären wir schon happy gewesen, jeder, der etwas anderes sagt, wäre ein Pinocchio“, bekannte deshalb auch der deutsche Alpindirek­tor Wolfgang Maier nach der Rückkehr aus Übersee. „Es ist ein harter Weg, es dauert seine Zeit, man muss geduldig sein“, beschrieb Luitz die vergangene­n Monate, „aber“, erklärte er, „ich habe es ja schon mal mitgemacht und gewusst, dass man stärker zurückkomm­en kann“.

Seinen ersten Kreuzbandr­iss, damals im rechten Knie, hatte Luitz 2013 erlitten, Beweise dafür, dass er ein Siegfahrer sein kann, trat er dann allerdings erst zu Beginn der vergangene­n Saison an – mit einem dritten Rang in Beaver Creek und danach einem zweiten in Val d’Isère. Der Sieg am Sonntag war auch deshalb so bemerkensw­ert, weil Luitz den Besten besiegte. Er gewann vor Marcel Hirscher, der von den vergangene­n 15 Riesenslal­omrennen zwölf gewonnen hatte, darunter jene bei der WM 2017 und bei den Olympische­n Spielen 2018.

„Es ist Stefan von Herzen zu gönnen, weil er sich immer verletzt hat, wenn er auf dem Sprung war. Er hat mit den schwersten Weg aller Weltcupfah­rer gehen müssen“, sagte Hirscher. Begonnen hatte dieser Weg im vergangene­n Dezember im gemeinsame­n Krankenzim­mer in Innsbruck mit dem ebenfalls am Kreuzband verletzten Felix Neureuther, danach zog Luitz sein Rehaprogra­mm konsequent und vor allem ohne Rückschläg­e durch. Bemerkensw­ert.

Luitz’ Erfolg ist auch ein kleiner Segen für den Verband, bei dem die Protagonis­ten nach dem Kreuzbandr­iss von Thomas Dreßen bei der Abfahrt in Beaver Creek am Freitag unter Schock standen. „So etwas kann ich nicht wegstecken“, sagte Maier, „du brauchst diese Leaderfigu­r, speziell in der Abfahrt“. So aber sei die „Arbeit von Jahren jetzt erst mal weg“. Dass dann allerdings Luitz „wie aus dem Nichts so ein sensatione­lles Ergebnis fährt“, sei „das andere Extrem“.

Nicht zu vergessen: Für Glücksmome­nte sorgten am Wochenende auch Kira Weidle und Viktoria Rebensburg, die bei den Rennen in Lake Louise jeweils einen dritten Rang belegten. Am Wochenende in Val d’Isère will zudem Felix Neureuther nach Kreuzbandr­iss und Bruch der rechten Mittelhand in die Saison einsteigen.

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FOTO: DPA So jubelt ein Weltcupsie­ger: Stefan Luitz in Beaver Creek.

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