Als die Patienten zu sechst waren Der Klinikalltag hat sich in den vergangenen Jahrzehnten sehr verändert.
Die Ellwanger Klinik wird 150, aber auch in den vergangenen Jahrzehnten hat sich viel geändert - Ein Rückblick
ELLWANGEN - Die Ellwanger Klinik feiert am Sonntag, 9. Dezember, ihr Jubiläum. 150 Jahre wird sie alt. Zwar nicht auf 150 Jahre, aber auf die vergangenen 35, 40 Jahre können Berthold Vaas und Rudi Kitzberger zurückblicken. Seit sie in der Pflege angefangen haben, hat sich im Krankenhaus viel verändert. Die medizinischen Möglichkeiten haben sich enorm verbessert, dafür ist der Kontakt zu den Patienten bei Liegezeiten von durchschnittlich fünf, sechs Tagen nicht mehr so eng wie früher.
Rund 15 Tage waren die Patienten noch in den 80er-Jahren in der Klinik. Da lernt man sich gut kennen, viele seiner alten Patienten grüßen ihn heute noch auf der Straße, erzählt Kitzberger. Abgerechnet wurde nach Übernachtungen. So konnten diejenigen etwas länger betreut werden, die sich nicht so schnell erholten. Klingt nach heiler Welt, war es aber nicht immer. Wer sich vor 30, 40 Jahren das Bein gebrochen hat, lag oft wochenlang im Streckverband. Neue Knie- und Hüftgelenke waren auch noch nicht erfunden. Heute wird operiert und das nicht einmal unbedingt unter Vollnarkose. Was für ältere Patienten viel weniger belastend ist, sagt Vaas.
Zwei Toiletten auf dem Gang für eine Station
Damals lagen in den Zimmern gern mal fünf bis sechs Patienten gleichzeitig, und die 30, 35 Patienten auf einer Station teilten sich zwei Toiletten auf dem Gang – heute unvorstellbar. Die Innere Medizin hatte keine eigene Intensivstation, im Bedarfsfall wurden die entsprechenden Geräte im ganzen Haus zusammengesucht und die Dienstpläne geändert. Heute sind die Pflegekräfte speziell geschult und die Innere hat eine Intensivstation mit acht Betten.
Die Arbeitszeiten waren auch nicht vergleichbar. Wer früher Bereitschaft hatte, blieb am Freitag nach Dienstschluss bis zum regulären Dienstbeginn am Montagmorgen im Krankenhaus. Mit Kopfkissen und Zudecke seien sie am Wochenende in die Klinik eingezogen, erinnert sich Vaas. Heute gibt es eine Rufbereitschaft.
Die größten Veränderungen? Da ist zum einen der medizinische Fortschritt. Gallensteine zu entfernen, war früher ein richtig großer Eingriff auf der Urologie. Heute wird minimalinvasiv operiert und die Patienten gehen nach ein paar Tagen heim. Dank besserer Diagnostik durch Röntgen, CT und MRT kommt man schneller an den Kern der Krankheit, sagt Vaas. Dass man erst einmal den Bauch aufmachen musste, um zu schauen, was los ist, ist zum Glück Vergangenheit.
Kritisch sehen Vaas und Kitzberger die Entwicklung für die Pflege. Er habe sich dafür früher mehr Zeit nehmen können, sagt Kitzberger. Die Nähe zu den Patienten war größer, weil sie länger blieben, ergänzt Vaas. Wenn die Pflegerinnen und Pfleger heute zwei Tage frei hätten, seien 80 Prozent der Patienten neu.
Dazu kommt die Bürokratie. Früher habe einer auf der Station alle Berichte geschrieben und das habe nur zwei, drei Stunden am Tag gedauert. Heute kostet die Dokumentation viel mehr Zeit. „Das hält die Leute vom pflegerischen Geschäft ab, das erleben viele als furchtbar nervig.“Was durch besserere Diagnostik und Fortschritte in der Medizin an Zeit eingespart wurde, gehe nun in den Papierkrieg. Früher habe man auch mal Zeit gehabt, etwas fünf Minuten zu erklären.
In den 90er Jahren wurden die Fallpauschalen eingeführt. Egal, wie lange ein Patient bleibt, es gibt immer nur eine bestimmte Summe. „Das Krankenhaus muss gucken, wie es mit den Erlösen klar kommt“, sagt Vaas. Das ist schwierig, die Kliniken im Ostalbkreis machen über zwölf Millionen Euro Miese im Jahr.
Bei kurze Verweildauer ist die Pflege intensiver
Was auch daran liegt, dass in der Praxis nicht funktioniert, was auf dem Papier so schön aussieht. Wenn alle Patienten statt 15 nur noch fünf Tage im Krankenhaus sind, wäre theoretisch trotzdem jedes Bett belegt. Nur werden die Menschen nicht hintereinander krank, sondern gleichzeitig. Und dann wieder gar nicht. Dann bleiben Betten auch mal leer. Zudem braucht ein Patient, der nur fünf Tage da ist, mehr Pflege als einer, der länger bleibt und mit jedem Tag gesünder wird. Die Entscheidung, in die Pflege zu gehen, bereuen aber weder Vaas noch Kitzberger. Im Gegenteil. Der Beruf sei vielfältig. „Ich habe es immer so erlebt, dass es den Patienten und mir gut getan hat, wenn ich helfen konnte“, sagt Kitzberger. Pflege sei weit mehr, als Patienten auf den Topf zu setzen, sie zu waschen und zu füttern. Die Kolleginnen und Kollegen seien alle Experten, die sich in Diagnostik und medizinischer Behandlung auskennen. „Sie müssen verstehen, wie es einem Menschen geht, der ein neues Schultergelenk bekommen hat.“
Heute haben beide andere Aufgaben. Kitzberger mit einer klassischen Schwarzwaldklinik-Karriere vom Zivi zum Pfleger, wie er selbst sagt, ist als Personalratsvorsitzender der Kliniken Ostalb freigestellt. Berthold Vaas hat als Hilfspfleger angefangen, heute ist er Betriebsdirektor des Klinikverbunds. Seither sind alle drei Kliniken im Ostalbkreis unter einem Dach. Berthold Vaas und Rudi Kitzberger sitzen sich zwar weiter als Vertreter von Verwaltung und Personalrat gegenüber, aber in größerer Runde.
Der neue Verbund ist nicht die erste organisatorische Neuordnung. Zuerst wurde die Ellwanger Klinik vom Krankenhausdezernat verwaltet, das die Marschrichtung vorgegeben hat. Als sie Eigenbetrieb wurde, sei das ein Befreiungsschlag gewesen, sagt Vaas. Dadruch hätten sich Spielräume aufgetan. Auf dem kurzen Weg und gemeinsam hätten Kitzberger und er gute Entscheidungen treffen können. Das sehen auch die Mitarbeiter so, die Ellwanger Klinik hat laut Vaas eine unterdurchschnittliche Fluktuation. Im neuen Verbund mit den anderen beiden Kliniken haben sie sich vorgenommen, das Bestmögliche zu erreichen. „Mir liegt sehr daran, dass das neue Unternehmen eine gute Struktur findet“, sagt Vaas. Schließlich hängen in Ellwangen 680 Arbeitsplätze an der Klinik.
Das vollständige Programm zum
Tag der offenen Tür finden Sie im Internet unter www.schwaebische.de/klinikjubilaeum