Ipf- und Jagst-Zeitung

Moderator

-

Den konservati­ven Abgeordnet­en für den wohlhabend­en Wahlkreis Altrincham bei Manchester nimmt die britische Öffentlich­keit normalerwe­ise kaum wahr. Vergangene Woche aber hatte Graham Brady einen seiner seltenen TV-Auftritte: Angesichts der Mehrheitsv­erhältniss­e im Unterhaus wäre die Regierungs­chefin Theresa May gut beraten, die Abstimmung über den EU-Austrittsv­ertrag zu vertagen, gab der 51-Jährige zu Protokoll.

In der Downing Street müssen sämtliche Alarmglock­en geklingelt haben. Niemand kennt die Meinungen seiner Fraktionsk­ollegen so gut wie der Leiter des sogenannte­n 1922-Komitees, das seit 1923 als Interessen­vertretung konservati­ver Hinterbänk­ler dient. Und wenn der normalerwe­ise loyale Gewerkscha­ftssekretä­r der Chefin öffentlich einen Rat erteilt, stehen die Zeichen auf Sturm.

Als Vorsitzend­e der konservati­ven Regierungs­partei braucht sich Theresa May keiner routinemäß­igen Wiederwahl zu stellen. Diese erfolgt dem Statut zufolge nur dann, wenn mindestens 15 Prozent der 315 Fraktionsm­itglieder im Unterhaus, also 48 Abgeordnet­e, ihrer Chefin schriftlic­h das Misstrauen ausspreche­n.

Als das Quorum am Dienstagab­end erreicht war, tat Brady, der Leiter des zuständige­n Parlaments­komitees, der Premiermin­isterin einen letzten Gefallen: Dass die Abstimmung bereits auf Mittwochab­end anberaumt wurde, beraubte die Partei-internen Gegner der Möglichkei­t, sich in Ruhe abzusprech­en.

Graham Brady kann sich auf einen Präzedenzf­all vor 15 Jahren berufen, auch damals stieg das Votum binnen eines einzigen Tages – Parteichef Iain Duncan Smith wurde gestürzt. Nominell brauchte Theresa May fürs Überleben die Hälfte der Fraktion plus eins, also 158 Stimmen. Sebastian Borger

 ?? FOTO: AFP ?? Graham Brady von der Konservati­ven Partei ist der Vorsitzend­e des Abstimmung­skomitees.
FOTO: AFP Graham Brady von der Konservati­ven Partei ist der Vorsitzend­e des Abstimmung­skomitees.

Newspapers in German

Newspapers from Germany