Reizvoll auch ohne Lavendel
Im Winter wird die Provence zum Ziel für Kenner
Für zwei Wochen im Frühsommer gibt die Provence ein lohnendes Ziel bei all denjenigen ab, die pralle Sonne und duftende Lavendelfelder lieben. Im Spätherbst und Winter wird sie dagegen zum Paradies für Kenner. Dann nämlich, wenn die Oliven von den Bäumen geschüttelt sind, wenn das frische Öl noch nussig und scharf schmeckt und feiner Nebel der Region im Südosten Frankreichs einen ganz speziellen Zauber verleiht. Mit einem reizvollen Mix aus Kultur und Schlemmen lockt die Provence dann zu einer abwechslungsreichen Winterauszeit.
Les Baux de Provence: Einbildung ist alles
Das wohl typischste Provencedorf mit seiner perfekt restaurierten Altstadt, dem Festungsschloss und den kleinen Läden voll mit Honig, Lavendelprodukten und Olivenöl wirkt in den Wintermonaten wesentlich authentischer als im Sommer, wenn Tausende Menschen durch die schmalen Gassen drängen. Jetzt haben die Ladenbesitzer in Les Baux de Provence wieder Zeit für ein Schwätzchen auf der Straße. In den Teesalons und Cafés gibt es freie Plätze, und auf der Burg können Kinder dem Hufschmied ohne Gedränge zusehen, wie er Nägel und Hufeisen schmiedet. Mit ein bisschen Glück leuchtet die tiefstehende Wintersonne goldgelb durch das große Renaissancefenster gegenüber dem Hotel de Manville auf die perfekt restaurierten Fassaden und Gassen. Wem diese Idylle noch zu real ist, der besucht die Licht- und Toninstallation im ehemaligen Steinbruch „Carrières de Lumières“und lässt sich in die Welt der Illusion entführen. Auf die Wände werden zu Klängen von klassischer Musik Meisterwerke von Michelangelo und Leonardo da Vinci oder Ansichten von Rom projiziert.
Arles: Römer, van Gogh und die Spinne
Größer und moderner, dennoch voller Geschichte und Geschichten ist die ehemalige Römerstadt Arles. Van Gogh liebte das besondere Licht der Stadt und malte hier im Akkord. Er schuf rund 300 Werke während seiner Monate in Arles. So stößt der Besucher beim Stadtbummel regelmäßig auf van Goghs Spuren. Staffeleien mit Reproduktionen der jeweiligen Gemälde weisen darauf hin. Eine steht im Espace van Gogh, dem Garten des Krankenhauses, in dem der Künstler behandelt wurde, nachdem er sich ein Ohr abgeschnitten hatte. Zu einem Café au Lait lädt das Café van Gogh auf dem Place de Forum. Mindestens einmal während des Stadtbummels kommen Besucher auch an der Spinne vorbei. So nennen die Bewohner das römische Amphitheater. Von hier aus führen die schmalen Gassen wie die Fäden eines Netzes durch die Stadt. Die ehemalige Arena wird heute noch für Vorführungen genutzt und kann besichtigt werden. Spiele ganz anderer Art, nämlich Krippenspiele, finden in Arles in den Wintermonaten statt. Dann beweist die Provence, dass sie Frankreichs weihnachtlichste Region ist. Und so findet in Arles auch jedes Jahr die Internationale Fachmesse der Krippenhersteller statt. Die Santons, handgefertigte Heiligenfiguren, spiegeln in ihrer Vielfalt die provenzalischen Bräuche wider und werden kunstvoll aus verschiedensten Materialien hergestellt.
Landgüter der Alpilles: Wein, Käse und Oliven
Zahlreiche Güter in der Region laden dazu ein, frisches Olivenöl zu kosten. Zum Beispiel das Château d’Estoublon in Fontvieille. Remis Reboul betreibt hier mit seiner Familie eine vorwiegend organische Olivenölproduktion und lässt sich auch gerne dabei in die Kessel schauen. Im angeschlossenen Verkaufsladen hat der Kunde die Qual der Wahl, denn neben verschieden gewürzten Öle werden hier auch Brotaufstriche, Confits und natürlich Wein angeboten. Dreißig Kilometer weiter östlich, am Beginn der Alpilles, hat sich Winzer Romain Baehni auf der Domaine du Vallon des Glauges mit der Produktion von Weinen seinen Lebenstraum verwirklicht. Dass aus der bonbonrosafarbenen, eher milchigen Flüssigkeit in den großen Stahltanks tatsächlich der Exportschlager der Region werden soll, ist schwer zu glauben. Aber schon beim übernächsten, länger gereiften Wein derselben Sorte wird klar, warum die Provence als Hauptproduzent von Roséweinen gilt.
Maussane-les-Alpilles: Regionale Köstlichkeiten
Die Region rund um Maussane-lesAlpilles gilt als Geheimtipp für Liebhaber der herzhaften provenzalischen Küche. Hier finden sich zahlreiche stimmungsvolle und landestypische Restaurants für Gaumen und Geldbeutel aller Art. Auf Diät sollte allerdings nicht sein, wer sich zum Beispiel von der Wirtin im Restaurant La Fleur de Thym in Maussane-les-Alpilles umsorgen lässt. Die Küche der Region gilt gerade um diese Jahreszeit als besonders herzhaft und deftig, und so steht neben Klassikern wie geschmortem Lamm und Hasenkeule vor allem viel frisches Wild auf den Speisekarten. Wer gehobene, dafür etwas leichtere Küche bevorzugt, der besucht das Restaurant L’Aupiho in der Domaine de Manville und lässt sich vor dem großen Kamin mit neu interpretierten Köstlichkeiten der Provence verwöhnen.