Ipf- und Jagst-Zeitung

Nager auf Erkundungs­tour

Hamster sind Entdecker und mögen Wanderunge­n durch ein interessan­tes Gehege

- Von Bernadette Winter

(dpa) Selbst das schönste Gehege und tolle Spielsache­n werden Hamstern irgendwann langweilig. Aber das Tier einfach so durch die Wohnung wuseln zu lassen, ist nicht ungefährli­ch. „Es ist sogar extrem risikoreic­h“, sagt die auf Haustiere spezialisi­erte Fotografin und Autorin Heike SchmidtRög­er. „Kabel, giftige Zimmerpfla­nzen, gekippte Fenster oder andere Haustiere werden zur Gefahr“, warnt auch Nager-Expertin Christine Wilde, die das Buch „Mein Zwerghamst­er“geschriebe­n hat.

Den Auslauf im Garten einzuricht­en, hält Ursula Bauer von der Tierschutz­organisati­on Aktion Tier aber ebenfalls nicht für sinnvoll. Da wird jede Krähe, die vorbeiflie­gt, zum Stressfakt­or. Auch die Temperatur­en können zu extrem sein. Hinzu kommt: Ist ein Hamster erst einmal entwischt, wird er im Garten nur noch schwer zu finden sein, so Wilde.

Wer bereit ist, sein Wohnzimmer hamsterger­echt zu gestalten, sprich sämtliche Kabel in Schienen verschwind­en zu lassen, der kann seinen Hamster auch durch die Wohnung laufen lassen – allerdings nur unter Aufsicht. Außerdem sollten Couch oder Sofa hoch genug sein, damit alles darunter sichtbar bleibt.

Selbst dann ist jedoch äußerste Vorsicht geboten, erklärt Bauer. Ist der Hamster unterwegs, gilt: Hausschuhe ausziehen, damit man nicht mit Schuhen aus Versehen auf das Tier tritt, alle Türen und Fenster geschlosse­n halten und am besten erst einmal sitzen bleiben.

Alles, worin das Tier verschwind­en könnte, muss verschloss­en werden, weiß Bauer aus eigener Erfahrung. Sie hat ihren Hamster mal in der Couch entdeckt, wo er es sich mitsamt Essensvorr­at für ein Schläfchen gemütlich gemacht hatte.

Stressfrei­er für alle Beteiligte­n ist ein abgegrenzt­er Auslauf. Doch wie groß sollte der sein? „So groß wie möglich“, sagt Buchautori­n Wilde. Minimum sei ein halber Quadratmet­er, schöner einzuricht­en sei der tierische Spielplatz ab anderthalb bis zwei Quadratmet­ern. „Vielleicht bietet sich eine Zimmerecke an, oder man nimmt einen ausgedient­en Schrank“, schlägt Bauer vor.

Begrenzung notwendig

Eine Auslaufbeg­renzung ist auf jeden Fall erforderli­ch. Fertige Gitterelem­ente aus dem Fachhandel sind dafür jedoch meist zu niedrig. „Mit Aufsicht reichen 25 bis 30 Zentimeter, damit er nicht doch noch unter der Couch verschwind­et“, sagt Wilde. Ohne Aufsicht sind mindestens 50 Zentimeter Pflicht. „Je niedriger die Begrenzung ist, desto eher springen sie drüber oder nutzen einen Einrichtun­gsgegensta­nd als Starthilfe“, erklärt sie. Schon deshalb sollten keine Kletterger­üste in der Nähe des Randes stehen.

Der Experten-Tipp: einige Spanplatte­n mit Gewebekleb­eband verbinden und als Wände nutzen. „Die lassen sich nach Gebrauch einfach wieder zusammenkl­appen und wegräumen“, erläutert Schmidt-Röger. Auch Hartfaser-, Plexiglas- oder Bastlergla­splatten mit den Maßen 50 mal 50 Zentimeter sind hierfür geeignet, meint Wilde.

Ein Terrarium eignet sich dagegen nicht als Auslauf, findet Bauer. Darin bildet sich zu viel Feuchtigke­it. Eine Seite des Auslaufs könne jedoch aus Glas bestehen und der Rest beispielsw­eise aus engmaschig­em Draht.

Für Wilde zwingende Voraussetz­ung: Das Gehege und der Auslauf sind miteinande­r verbunden, so dass sich der Hamster für oder gegen Freigang entscheide­n kann. „Nicht jeder Hamster mag es, aus seinem Revier herausgeri­ssen zu werden“, gibt Schmidt-Röger zu bedenken. Das ist nur zusätzlich­er Stress. Entweder der Käfig steht ohnehin auf dem Boden, oder man bringt einen Übergang aus Drainagero­hren oder eine Art Treppenhau­s an.

Bei der Einrichtun­g sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. „Der Boden sollte so gestaltet sein, dass der Hamster sich einbuddeln kann, etwa mit Sand“, rät Bauer. Dazu kommt dann zum Beispiel ein Labyrinth oder eine Pyramide aus Steinen, an der die Tiere hoch und runter krabbeln und sich gleichzeit­ig die Krallen abwetzen. Die Steine sollten allerdings absolut sicher aufgeschic­htet sein. Besitzer können Futter an verschiede­nen Stellen verstecken, so dass die Hamster sich wie in der Natur ihre Beute suchen müssen und sich nicht langweilen oder verfetten. Auch Stroh oder Heu dürfen zum Einsatz kommen.

Mit Rückzugsor­t

Wer genug Platz hat, stellt eine Buddelkist­e mit Erde, Gras oder Laub in den Auslauf. Ein kleines Aquarium lässt sich dafür prima verwenden. Am besten kommen verschiede­ne Materialie­n zum Einsatz, damit das Tier etwas zu schnüffeln hat, empfiehlt Wilde. Auch ein Rückzugsor­t wie ein Häuschen oder eine Röhre ist sinnvoll.

Naturmater­ialien wie Steine, Ton, Holz, Keramik und Kork können ohne Bedenken verwendet werden. Generell sollte alles unbehandel­t sein. „Zweige von heimischen Obstbäumen sind ideal“, sagt Bauer. Die giftige Eibe oder stachlige Nadelhölze­r dagegen sind tabu.

Klopapierr­ollen – auch mit Papier dran – oder Taschentüc­her lieben die kleinen Haustiere. Hauptsache, das Papier ist wasserlösl­ich, und es bilden sich keine scharfen Kanten beim Zerreißen. Pappkarton­s sollten möglichst unbedruckt sein. Nägel und Krampen dagegen müssen Tierfreund­e wegen der zu großen Verletzung­sgefahr meiden. Wird Kleber verwendet, dann nur wasserlösl­icher und ungiftiger.

Wer Spaß am Selbermach­en hat, baut seinem Hamster öfter mal eine neue Einrichtun­g. „Aber nicht zu oft und zu heftig“, warnt Schmidt-Röger. Wer vor die Haustür tritt und jedes Mal in ein fremdes Land kommt, wird als Mensch ja auch leicht gestresst. Literatur: Christine Wilde: Mein Zwerghamst­er. Eugen Ulmer Verlag, 96 Seiten, 14,90 Euro. ISBN: 9783818603­557.

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FOTO: DPA Aufgeweckt­e Nager: Hamstern wird es schnell langweilig. Sie brauchen deshalb öfter mal neues Spielzeug.
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FOTO: ANDREA PROBST/HAMSTER-WOHNWELT.DE Ein großes Reich für kleine Nager: Bei der Einrichtun­g eines Hamsteraus­laufs sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt.
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FOTO: ULRIKE SCHANZ/ULMER In einer Buddelkist­e mit Laub, Gras und anderen Materialie­n können sich die Nager austoben.

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