Nager auf Erkundungstour
Hamster sind Entdecker und mögen Wanderungen durch ein interessantes Gehege
(dpa) Selbst das schönste Gehege und tolle Spielsachen werden Hamstern irgendwann langweilig. Aber das Tier einfach so durch die Wohnung wuseln zu lassen, ist nicht ungefährlich. „Es ist sogar extrem risikoreich“, sagt die auf Haustiere spezialisierte Fotografin und Autorin Heike SchmidtRöger. „Kabel, giftige Zimmerpflanzen, gekippte Fenster oder andere Haustiere werden zur Gefahr“, warnt auch Nager-Expertin Christine Wilde, die das Buch „Mein Zwerghamster“geschrieben hat.
Den Auslauf im Garten einzurichten, hält Ursula Bauer von der Tierschutzorganisation Aktion Tier aber ebenfalls nicht für sinnvoll. Da wird jede Krähe, die vorbeifliegt, zum Stressfaktor. Auch die Temperaturen können zu extrem sein. Hinzu kommt: Ist ein Hamster erst einmal entwischt, wird er im Garten nur noch schwer zu finden sein, so Wilde.
Wer bereit ist, sein Wohnzimmer hamstergerecht zu gestalten, sprich sämtliche Kabel in Schienen verschwinden zu lassen, der kann seinen Hamster auch durch die Wohnung laufen lassen – allerdings nur unter Aufsicht. Außerdem sollten Couch oder Sofa hoch genug sein, damit alles darunter sichtbar bleibt.
Selbst dann ist jedoch äußerste Vorsicht geboten, erklärt Bauer. Ist der Hamster unterwegs, gilt: Hausschuhe ausziehen, damit man nicht mit Schuhen aus Versehen auf das Tier tritt, alle Türen und Fenster geschlossen halten und am besten erst einmal sitzen bleiben.
Alles, worin das Tier verschwinden könnte, muss verschlossen werden, weiß Bauer aus eigener Erfahrung. Sie hat ihren Hamster mal in der Couch entdeckt, wo er es sich mitsamt Essensvorrat für ein Schläfchen gemütlich gemacht hatte.
Stressfreier für alle Beteiligten ist ein abgegrenzter Auslauf. Doch wie groß sollte der sein? „So groß wie möglich“, sagt Buchautorin Wilde. Minimum sei ein halber Quadratmeter, schöner einzurichten sei der tierische Spielplatz ab anderthalb bis zwei Quadratmetern. „Vielleicht bietet sich eine Zimmerecke an, oder man nimmt einen ausgedienten Schrank“, schlägt Bauer vor.
Begrenzung notwendig
Eine Auslaufbegrenzung ist auf jeden Fall erforderlich. Fertige Gitterelemente aus dem Fachhandel sind dafür jedoch meist zu niedrig. „Mit Aufsicht reichen 25 bis 30 Zentimeter, damit er nicht doch noch unter der Couch verschwindet“, sagt Wilde. Ohne Aufsicht sind mindestens 50 Zentimeter Pflicht. „Je niedriger die Begrenzung ist, desto eher springen sie drüber oder nutzen einen Einrichtungsgegenstand als Starthilfe“, erklärt sie. Schon deshalb sollten keine Klettergerüste in der Nähe des Randes stehen.
Der Experten-Tipp: einige Spanplatten mit Gewebeklebeband verbinden und als Wände nutzen. „Die lassen sich nach Gebrauch einfach wieder zusammenklappen und wegräumen“, erläutert Schmidt-Röger. Auch Hartfaser-, Plexiglas- oder Bastlerglasplatten mit den Maßen 50 mal 50 Zentimeter sind hierfür geeignet, meint Wilde.
Ein Terrarium eignet sich dagegen nicht als Auslauf, findet Bauer. Darin bildet sich zu viel Feuchtigkeit. Eine Seite des Auslaufs könne jedoch aus Glas bestehen und der Rest beispielsweise aus engmaschigem Draht.
Für Wilde zwingende Voraussetzung: Das Gehege und der Auslauf sind miteinander verbunden, so dass sich der Hamster für oder gegen Freigang entscheiden kann. „Nicht jeder Hamster mag es, aus seinem Revier herausgerissen zu werden“, gibt Schmidt-Röger zu bedenken. Das ist nur zusätzlicher Stress. Entweder der Käfig steht ohnehin auf dem Boden, oder man bringt einen Übergang aus Drainagerohren oder eine Art Treppenhaus an.
Bei der Einrichtung sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. „Der Boden sollte so gestaltet sein, dass der Hamster sich einbuddeln kann, etwa mit Sand“, rät Bauer. Dazu kommt dann zum Beispiel ein Labyrinth oder eine Pyramide aus Steinen, an der die Tiere hoch und runter krabbeln und sich gleichzeitig die Krallen abwetzen. Die Steine sollten allerdings absolut sicher aufgeschichtet sein. Besitzer können Futter an verschiedenen Stellen verstecken, so dass die Hamster sich wie in der Natur ihre Beute suchen müssen und sich nicht langweilen oder verfetten. Auch Stroh oder Heu dürfen zum Einsatz kommen.
Mit Rückzugsort
Wer genug Platz hat, stellt eine Buddelkiste mit Erde, Gras oder Laub in den Auslauf. Ein kleines Aquarium lässt sich dafür prima verwenden. Am besten kommen verschiedene Materialien zum Einsatz, damit das Tier etwas zu schnüffeln hat, empfiehlt Wilde. Auch ein Rückzugsort wie ein Häuschen oder eine Röhre ist sinnvoll.
Naturmaterialien wie Steine, Ton, Holz, Keramik und Kork können ohne Bedenken verwendet werden. Generell sollte alles unbehandelt sein. „Zweige von heimischen Obstbäumen sind ideal“, sagt Bauer. Die giftige Eibe oder stachlige Nadelhölzer dagegen sind tabu.
Klopapierrollen – auch mit Papier dran – oder Taschentücher lieben die kleinen Haustiere. Hauptsache, das Papier ist wasserlöslich, und es bilden sich keine scharfen Kanten beim Zerreißen. Pappkartons sollten möglichst unbedruckt sein. Nägel und Krampen dagegen müssen Tierfreunde wegen der zu großen Verletzungsgefahr meiden. Wird Kleber verwendet, dann nur wasserlöslicher und ungiftiger.
Wer Spaß am Selbermachen hat, baut seinem Hamster öfter mal eine neue Einrichtung. „Aber nicht zu oft und zu heftig“, warnt Schmidt-Röger. Wer vor die Haustür tritt und jedes Mal in ein fremdes Land kommt, wird als Mensch ja auch leicht gestresst. Literatur: Christine Wilde: Mein Zwerghamster. Eugen Ulmer Verlag, 96 Seiten, 14,90 Euro. ISBN: 9783818603557.