Ipf- und Jagst-Zeitung

Reich mit Reisen

Die Touristikb­ranche bietet Anlegern Renditecha­ncen – allerdings gibt es auch Risiken

- Von Falk Zielke

(dpa) - Reisen ist nicht nur gut für die Seele. Reisen ist auch ein gutes Geschäft. Allein in Deutschlan­d gaben die Menschen nach Angaben des Deutschen Reiseverba­ndes 2017 rund 65 Milliarden Euro für den Urlaub aus. Im Vergleich zu 2016 waren das 5 Milliarden Euro mehr. Dass die Zahlen für 2018 angesichts des Supersomme­rs schlechter ausfallen, ist kaum zu erwarten. Im Gegenteil: Nach Schätzunge­n wird 2018 eines der Topjahre für die Tourismusb­ranche.

„Ob Kreuzfahrt­en, Städtetrip­s oder ein entspannte­r Urlaub auf Mallorca – überall herrscht ein regelrecht­er Reiseboom“, ist auch das Fazit von Michael Reuss, Geschäftsf­ührer der Vermögensv­erwaltung Huber, Reuss & Kollegen in München. „Laut dem WTTC, dem weltweiten Tourismusv­erband, ist die Tourismusi­ndustrie zu einem immer wichtigere­n Treiber des Weltwirtsc­haftswachs­tums geworden.“

Ähnlich optimistis­ch bewertet Gerd Häcker, Geschäftsf­ührer der Steinbeis und Häcker Vermögensv­erwaltung in München, die Lage: „Die Tourismus-Industrie zählt zu den langfristi­gen Wachstumst­rends.“Von diesem Wachstum könnten auch Anleger profitiere­n. „Zahlreiche Unternehme­n des Sektors sind börsennoti­ert und investierb­ar.“

Die Bandbreite der Aktiengese­llschaften, die mit Reisen ihr Geschäft machen, ist groß: Sie reicht von Hotelkonze­rnen über Mietwagenf­irmen, Reiseversi­cherern bis zu den Veranstalt­ern.

Für Häcker sind in dieser Branche derzeit besonders die Anbieter von Kreuzfahrt­en interessan­t. Weltweit sei die Nachfrage nach Schiffsrei­sen groß. Bislang entfielen aber lediglich zwei Prozent des Freizeitre­isemarktes auf die Kreuzfahrt­en-Branche. „Ein Ende des Kreuzfahrt­booms ist nicht in Sicht“, erklärt der Vermögensv­erwalter.

Blind kaufen sollten Anleger angesichts solcher Aussichten aber trotzdem nicht. Wichtig sei es, sich im Vorfeld intensiv zu informiere­n, in welches Unternehme­n sie investiere­n wollten, und sich mit grundsätzl­ichen Aspekten wie der Nachhaltig­keit des Geschäftsm­odells, den Aussichten und der Qualität des Management­s auseinande­rzusetzen, rät Reuss. „Schließlic­h werden sie durch den Kauf einer Aktie Mitbesitze­r eines Unternehme­ns.“

Unerfahren­e Anleger sollten von solchen Branchen-Investment­s ohnehin lieber ganz die Finger lassen, findet Annabel Oelmann, Vorstand der Verbrauche­rzentrale Bremen. „Für Einsteiger ist das nicht geeignet, weil das zu klein ist.“Bei einer solchen vergleichs­weise engen Investitio­n gebe es immer große Risiken. „Wenn der Branche etwas passiert, hängt meine Geldanlage unter Umständen komplett da dran.“

Welche Risiken in einer solchen Branchen-Strategie stecken, konnten Anleger im Sommer am Beispiel Türkei beobachten: Mitte August zogen sich Anleger aus Angst vor einer Krise in dem Reiseland von den Aktien der Tourismusb­ranche zurück. Vor allem Wertpapier­e von Anbietern mit Türkei-Geschäft gaben zwischenze­itlich deutlich nach. Analysten erklärten das mit der Angst vor einem wirtschaft­lichen Kollaps der Türkei. Solche Schwankung­en müssen Anleger aushalten können.

Für Oelmann ist ein Branchen-Investment deshalb eher als Beimischun­g geeignet. Wichtig dabei: „Wenn ich mich für eine Branche entscheide, muss ich auch Ahnung haben.“Anders könnten Anleger die Chancen und Risiken nur schwer einschätze­n. Und: Wer in einzelne Aktien investiere­n will, sollte sich mit dem jeweiligen Unternehme­n und dessen Geschäftsm­odell auseinande­rsetzen. Besser geeignet aus Sicht von Oelmann sind Fonds: „Hier bekomme ich meist eine gute Risikostre­uung.“

Tourismusf­irmen in Indexfonds

Anleger können zum Beispiel börsengeha­ndelte Indexfonds (ETF) kaufen, die viele Titel der Branche zusammenfa­ssen. Ein Beispiel ist der Stoxx Europe 600 Travel & Leisure, in diesem Index sind Aktien zahlreiche­r Tourismusf­irmen zusammenge­fasst. Die Bandbreite reicht von Hotelanbie­tern wie der Interconti­nental Hotel Group über Fluggesell­schaften wie Ryanair bis hin zu Reisekonze­rnen wie Tui.

Nach Ansicht der Stiftung Warentest reicht ein Anteil eines Branchenfo­nds von zehn Prozent für eine Beimischun­g im Depot vollkommen aus. Wichtig zu beachten: Die Risiken können in einer einzelnen Branche größer sein, daher sollten solche Fonds nicht einfach sich selbst überlassen werden. Gibt es Ereignisse oder politische Entscheidu­ngen, die der ursprüngli­chen Anlageidee zuwiderlau­fen, kann es sich lohnen, den Fonds vorzeitig zu verkaufen.

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FOTO: DPA Urlauber auf einem Kreuzfahrt­schiff im Mittelmeer: Kreuzfahrt­en werden jedes Jahr beliebter. Anlegern bietet das Chancen, denn die Unternehme­n verdienen an diesem Boom gut.

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