Zwischen Frost und Hitze
Bauern im Südwesten kommen glimpflich durchs Dürrejahr – Einkommen steigen wieder
- Die Landwirte in Baden-Württemberg haben in diesem Sommer weniger unter der Trockenheit gelitten als ihre Branchenkollegen in anderen Bundesländern. Wie das Landwirtschaftsministerium in Stuttgart am Montag mitteilte, haben bislang lediglich 300 Bauern im Südwesten staatliche Hilfen beantragt. Bundesweit sind inzwischen mehr als 8000 Anträge für die von Bund und Ländern bereitgestellten Nothilfen von bis zu 340 Millionen Euro gestellt worden. „Die Auswirkungen des Dürresommers fielen im Südwesten deutlich geringer aus als im Norden oder Osten der Republik“, sagte Landesbauernpräsident Joachim Rukwied. Der Süden BadenWürttembergs sei sogar wenig bis gar nicht von der Trockenheit betroffen.
Mit den Anträgen auf Dürrehilfen wurde bisher laut Landwirtschaftsministerium ein Schaden von neun Millionen Euro von Bauern im Südwesten gemeldet. Die Hälfte davon wird den Landwirten aus dem Fördertopf von Bund und Ländern erstattet. Die Hilfen bekommt der Landwirt allerdings nur, wenn ein Betrieb ein Drittel seiner Jahreserzeugung verloren hat. Der tatsächlich entstandene Schaden durch die Trockenheit dürfte also noch weitaus höher sein: Bundesweit liegt er Rukwied zufolge bei 2,5 bis 3 Milliarden Euro.
„Die Landwirtschaft in BadenWürttemberg ist mit Blick auf den Hitzesommer 2018 teilweise mit dem sprichwörtlichen blauen Auge davongekommen“, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk (CDU). Ganz abgeschlossen ist die Rechnung aber noch nicht: Denn bis Ende Februar können Bauern noch Kosten geltend machen, wenn sie zusätzlich Futter kaufen müssen, weil sie zum Beispiel nicht genug Heu für ihre Tiere einbringen konnten. „Erst dann haben wir ein abschließendes Bild über die tatsächliche Situation im Land“, so Hauk.
Bauern fordern Unterstützung
Bauernpräsident Rukwied erneuerte angesichts der Dürre in diesem Sommer und den Spätfrösten im vergangenen Frühjahr seine Forderung nach einer steuerbefreiten Risikorücklage. Die Idee dahinter: Bauern sparen in guten Jahren Gewinne an, auf die keine Steuern entrichtet werden müssen. In schlechten Jahren können sie dann aus diesem Vorsorgetopf zehren. „Wir brauchen das“, sagte Rukwied, denn die Landwirtschaft sei die am stärksten witterungsabhängige Branche. Minister Hauk sicherte den Bauern zu, sich auf nationaler Ebene weiter dafür einzusetzen.
Der Bundesrat hatte sich im September für die Einführung einer solchen Hilfe ausgesprochen. Im Bundestag gebe es aber nach wie vor politische Widerstände – insbesondere seitens der SPD aber auch von Teilen der CDU, sagte Ruckwied und beklagte, trotz jahrelanger Diskussionen darüber noch nicht weitergekommen zu sein.
Um mit den Auswirkungen der Wetterextreme besser zurechtzukommen, könnten auch neue Züchtungen helfen, die hitze- oder pilzresistenter sind und vor allem schneller auf den Markt kommen, so Rukwied. Dafür müsse man neuen Methoden wie der Genschere Crispr-Cas eine Chance bieten. Darüber hinaus brauche die Branche Versicherungslösungen, die sich Rukwied „vor allem bei Sonderkulturen“wie im Wein- und im Obstanbau vorstellen kann. Dazu müsse aber die Versicherungssteuer auf die bei Hagelversicherungen üblichen 0,3 Promille gedeckelt werden. Einen Durchbruch bei den Gesprächen über einen staatlichen Zuschuss für sogenannte Mehrgefahrenversicherungen für Landwirte, wie er im Ausland bereits üblich ist, sieht Rukwied dagegen nicht. „Kurzfristig ist da keine Lösung in Sicht.“
Wie stark sich der Dürresommer in den Ergebnissen der Betriebe des laufenden Wirtschaftsjahres (Juli 2018 bis Juni 2019) niederschlagen wird, konnte der Bauernpräsident noch nicht beziffern. Dort wo es genug geregnet hat, würden die Betriebe Rukwied zufolge ein ordentliches Unternehmensergebnis einfahren. Das Landwirtschaftsministerium stuft den Sommer trotz der milderen Auswirkungen im Südwesten als ein außergewöhnliches Naturereignis ein. Insbesondere der Futtermittelanbau sei in Baden-Württemberg betroffen. Im Ackerbau hat Rukwied zufolge vor allem die Rübenernte gelitten. Nicht nur die Erntemenge liege nach ersten Zahlen ein Drittel unter dem Vorjahr – auch der Zuckergehalt sei deutlich geringer.
Schlusslicht im Bundesvergleich
Im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2017/18, in dem die Frühjahrsfröste 2017 vor allem Wein- und Obstbauern zu schaffen machten, haben die baden-württembergischen Bauern bundesweit erneut am wenigsten verdient. Mit durchschnittlich 36 320 Euro pro Familienarbeitskraft konnten sie ihren Verdienst im Schnitt gegenüber dem Vorjahr zwar um 16,3 Prozent steigern, bundesweit lag der aber um mehr als 9000 Euro höher. Die Gründe dafür sind zum einen in den unterdurchschnittlichen Betriebsgrößen im Südwesten zu suchen, zum anderen aber auch an den höheren Preisen etwa für Futtermittel oder für Dienstleistungen wie Reparaturen an Maschinen und Technik.
Heruntergebrochen auf die einzelnen Betriebsarten konnten Milchviehbetriebe (plus 55 Prozent) und Futtermittelanbaubetriebe (plus 41 Prozent) deutlich überproportionale Einkommenssteigerungen je Familienarbeitskraft erzielen, während Veredelungsbetriebe (Ferkelzucht und Schweinemast) mit einem Minus von 20 Prozent weiter abrutschten. Den höchsten Rückgang bei den Einkommen mussten Weinbauern verkraften (minus 30 Prozent).
Das Einkommen der Betriebe im Südwesten lag durchschnittlich mit 54 600 Euro um 15,6 Prozent über dem Vorjahreswert. In die Berechnungen des Durchschnittsverdienstes flossen die Zahlen von 1649 der knapp 13 000 Haupterwerbsbetriebe im Land ein.
Ein spiegelverkehrtes Bild zeichnen die Unternehmensergebnisse der Ökobauern im Südwesten: Diese liegen mit 68 700 Euro pro Familienarbeitskraft im bundesweiten Vergleich an der Spitze. Allerdings fördert das Land Ökobauern auch mit bis zu 27 300 Euro im Jahr. „Allein über den Markt sind diese Unternehmensergebnisse nicht zu erwirtschaften“, erklärte Rukwied.