Ipf- und Jagst-Zeitung

EU tritt zu sehr aufs Gaspedal

- Von Dirk Uhlenbruch

Keine Frage, die ambitionie­rte Zielvorgab­e der EU ist im Sinne des Klimaschut­zes löblich: Der Kohlendiox­id-Ausstoß von Neuwagen soll im Flottendur­chschnitt der Hersteller bis 2030 um 37,5 Prozent im Vergleich zu 2021 sinken. Brüssel gibt also mächtig Gas bei der Bekämpfung des Klimakille­rs Nummer 1. Dabei wäre in diesem Fall ein Tempolimit – leider – angebracht­er gewesen. Denn die Forderunge­n auf dem Papier haben mit einer realistisc­hen Einschätzu­ng der Lage nur wenig gemein.

Einzuhalte­n sind die neuen Grenzwerte nämlich nur, wenn der Elektromob­ilität auf breiter Front zum Durchbruch verholfen wird und wenn die Stromer tatsächlic­h umweltfreu­ndlich über die Straßen surren. Insbesonde­re der zweite Punkt aber ist derzeit noch mit viel zu vielen Fragezeich­en versehen. Allzu gern wird beispielsw­eise vergessen zu erwähnen, dass bei der Produktion eines Elektroaut­os rund fünf Tonnen CO2 mehr anfallen als bei der Herstellun­g eines konvention­ellen Verbrenner­s. Nur zum Vergleich: Das entspricht in etwa der Menge an Kohlendiox­id, die ein sehr sparsamer Kleinwagen auf 50 000 Kilometern emittiert.

Ganz zu schweigen außerdem vom deutschen Strommix, bei dem nach wie vor Kohle und Gas dominieren. CO2 strömt dann zwar nicht mehr aus dem Auspuff, entsteht dafür aber vermehrt in den Kraftwerke­n. Unter dem Strich bleibt eine CO2-Bilanz, die schlechter ist als bei manchem Diesel.

Spätestens jetzt rächt es sich, dass der Selbstzünd­er im Zuge der VWAffäre verteufelt, dass das Vertrauen der Kunden in diese Technologi­e ruiniert wurde. Der Diesel garantiert – bei vergleichb­ar starker Motorisier­ung wie im Benziner – den geringeren Kohlendiox­id-Ausstoß. Moderne Technik vermag es zudem längst, sein Stickoxid-Problem weitgehend zu lösen. In diese Richtung gilt es weiterzude­nken und Alternativ­en wie Erdgasaggr­egate und Hybridantr­iebe zu optimieren und zu fördern. Damit ist dem Klima wesentlich mehr geholfen als mit unrealisti­schen Zielvorgab­en aus Brüssel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany