Ipf- und Jagst-Zeitung

„Wir sind auf jeden Fall besser gerüstet als vor zwei Jahren“

Opferbeauf­tragter Edgar Franke spricht zum Jahrestag des Breitschei­dplatz-Anschlags über die Lage der Betroffene­n

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- Einen neuen Terroransc­hlag in Deutschlan­d kann man nicht zu 100 Prozent ausschließ­en. Das sagte Edgar Franke (SPD, Foto: dpa), Opferbeauf­tragter der Bundesregi­erung, im Gespräch mit Markus Sievers.

Herr Franke, am heutigen Mittwoch jährt sich der Anschlag vom Weihnachts­markt am Berliner Breitschei­dplatz zum zweiten Mal. Wie wird der Tag von den Opfern und Angehörige­n begangen?

Viele Betroffene haben den Wunsch nach einem stillen Gedenken geäußert. Es wird in der Gedächtnis­kirche in Berlin direkt am Breitschei­dplatz eine Andacht geben, an der auch Notfallsee­lsorger und die Opferbeauf­tragten des Landes Berlins und des Bundes teilnehmen werden. Am ersten Jahrestag hatten wir ja eine große Gedenkfeie­r mit hochrangig­en Politikern und der Einweihung eines Denkmals. Diesmal wird der Rahmen ein anderer sein.

Nach dem Attentat kam Kritik auf am unsensible­n Umgang mit den Hinterblie­benen und den traumatisi­erten Opfern. Muss die Politik noch lernen?

Die Politik hat die Kritik der Betroffene­n ernst genommen und darauf reagiert. Man hat begriffen, dass der Terroransc­hlag Bürger stellvertr­etend für den Staat trifft. Ein Jahr lang hat Kurt Beck sich als Beauftragt­er um die Opfer des Anschlags auf den Breitschei­dplatz gekümmert. Inzwischen wurde ein Opferbeauf­tragter installier­t mit mir als zentralen Ansprechpa­rtner. Zwei Jahre danach sind nicht alle Entschädig­ungsleistu­ngen abgeschlos­sen. Es geht um dauerhafte Renten und viele finanziell­e Probleme, die zu lösen sind. Ich habe bereits viele persönlich­e Gespräche mit den Menschen führen können.

Was können Sie generell über die Lage der Betroffene­n sagen?

Insgesamt wurden vier Millionen Euro an Geldern ausgezahlt. Wir haben in meiner Amtszeit die Härtefalll­eistungen für Hinterblie­bene verdreifac­ht – und das auch rückwirken­d. Die geplante Reform des Opferentsc­hädigungsg­esetzes soll die Leistungen deutlich erhöhen. Meine Rolle verstehe ich als Ansprechpa­rtner und als politische Stimme der Opfer. Kein Leid kann durch finanziell­e Leistungen ausgeglich­en werden. Aber Geld ist dennoch wichtig für die Betroffene­n. Ein Opfer des Anschlags am Breitschei­dplatz ist zum Beispiel so traumatisi­ert, dass er nicht mehr auf der Autobahn fahren kann. Er war aber im Außendiens­t tätig. Diesen Leuten versuchen wir zu helfen.

Der Anschlag von Straßburg hat gezeigt, dass die Terrorgefa­hr nicht gebannt ist. Wäre Deutschlan­d heute besser vorbereite­t?

Wir sind auf jeden Fall besser gerüstet als vor zwei Jahren. Dies sieht man schon daran, dass es jetzt mich als Opferbeauf­tragten für terroristi­sche Straftaten im Inland gibt. Wir alle hoffen inständig, dass wir einen solchen Terrorakt in Deutschlan­d nicht erleben. Wir müssen aber gerüstet sein, weil wir es nicht zu 100 Prozent ausschließ­en können. Dies gilt auch für die Opferbetre­uung. Wir müssen uns auch zwischen Bund und Ländern noch besser vernetzen und absprechen, um passgenaue Lösungen zu finden.

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