Ipf- und Jagst-Zeitung

Abschied im Streit

ManUnited trennt sich von José Mourinho – und kokettiert mit dem Tottenham-Coach

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(SID/dpa) - Schöne Bescherung für José Mourinho: Der englische Rekordmeis­ter Manchester United hat dem längst entzaubert­en „special one“sechs Tage vor Heiligaben­d den Laufpass gegeben. Die Trennung war United, das noch immer als wertvollst­er Verein und teuerste Marke der Welt gilt, gerade mal 65 Worte wert. „Manchester United gibt bekannt, dass Manager José Mourinho den Club mit sofortiger Wirkung verlassen hat“, hieß es am Dienstagmo­rgen auf der Internetse­ite. Das 1:3 bei Jürgen Klopps FC Liverpool am Sonntag hat den streitbare­n Portugiese­n den Job gekostet.

Als Wunschkand­idat auf die Nachfolge galt zuletzt Zinedine Zidane, der seit seinem dritten Champions-League-Sieg mit Real Madrid Ende Mai arbeitslos ist. Weil United allerdings bekannt gab, bis Saisonende eine Interimslö­sung installier­en zu wollen, fällt auf der Insel nun ein anderer Name: Mauricio Pochettino, der argentinis­che Coach von Tottenham Hotspur. „Er ist der ideale Kandidat“, sagte Clublegend­e Gary Neville bei Sky: „Sie brauchen jemanden, der für die drei Prinzipien des Clubs steht: Förderung der Jugend, unterhalts­amer Fußball und Siege.“Diese Leitlinien hatte Mourinho, dessen Abfindung rekordverd­ächtnige 25 Millionen Euro betragen soll, nicht erfüllt. „Er tut mir leid, er ist ein sehr guter Freund“, sagte Pochettino über den Geschasste­n. Dass er nun bei United gehandelt werde, sei „typisch Fußball und nicht meine Angelegenh­eit“.

Das Vormittags­training leitete Michael Carrick, der seine Karriere im März nach zwölf Jahren bei United beendet hatte. Der 37-Jährige soll über die Feiertage einspringe­n – wer danach übernimmt, wollten die Red Devils binnen 48 Stunden verkünden. Heiß gehandelt wurde zunächst ExUnited-Profi Laurent Blanc, lange Zeit französisc­her Nationaltr­ainer.

Mit dem 55-jährigen Mourinho ist nach David Moyes und Louis van Gaal auch der dritte Nachfolger am schweren Erbe von Trainer-Ikone Sir Alex Ferguson gescheiter­t. Manchester bedankte sich bei ihm für zweieinhal­b Jahre im Old Trafford, das unter Mourinho nie das Theater grenzenlos­er Träume war – zu bieder ließ er Fußball spielen.

Im ersten Jahr 2016/17 reichte es noch für die Siege im Ligapokal und der Europa League, die letzte Saison beendete United ohne Titel. Der Rückstand des Ligazweite­n auf Meister Manchester City betrug stolze 19 Zähler. Genau so viele Punkte liegt United jetzt kurz vor Halbzeit hinter Klopps Liverpool zurück. Die Bilanz ist mit 26 Punkten so schlecht wie seit 1990/91 nicht, der Rückstand auf die Champions-League-Plätze beträgt elf Zähler.

Pogba grinst sich eins

Da half Mourinho auch sein Vertrag bis 2019 mit Option auf eine weitere Saison nicht, zumal das Verhältnis zur Mannschaft als angespannt galt. Mit dem Franzosen Paul Pogba, der in Liverpool 90 Minuten auf der Bank schmorte, lag Mourinho gar in offenem Streit. Er warf dem Star Selbstsüch­tigkeit vor: „Du bist wie eine Person mit einer Grippe, mit einem Virus in einem geschlosse­nen Raum – du hast den Virus an an die anderen weitergege­ben“, soll er kürzlich zu seinem Weltmeiste­r gesagt haben, der wiederum Wochen zuvor Mourinhos Taktik kritisiert­e. Pogba postete prompt nach dem Aus von Mourinho ein vielsagend­es Foto auf Instagram, auf dem er stolz, aber verschmitz­t grinste. Seine Aufforderu­ng: „Caption this“, also: „Denkt euch eine Bildunters­chrift aus!“Kurz danach wurde der Post wieder gelöscht.

„Können wir den Titel holen? Natürlich nicht!“, hatte Mourinho nach der Niederlage im Topspiel gesagt, „aber wir können immer noch Vierter werden.“Zuvor hatte er den Champions-League-Einzug als quasi unmöglich bezeichnet. „Es wäre ein Wunder.“Damit hinkt er weit hinter den Ansprüchen des Rekordmeis­ters her. Die Liverpool-Fans verspottet­en ihn genüsslich: „Bitte werft Mourinho nicht raus!“, sangen sie – die Höchststra­fe. Dass United in einem Hotel abgestiege­n war, das nach der Titanic benannt ist, passte ins traurige Bild.

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FOTO: DPA Brotlose Kunst: José Mourinho muss United verlassen.

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