Ipf- und Jagst-Zeitung

Als es wieder hell wurde auf dem Nürnberger Hauptmarkt

Ausstellun­g erinnert an den ersten Christkind­lesmarkt nach dem Krieg; es war ein Schritt hin zur Normalität

- Von Holger Stiegler

(KNA) - Der Christkind­lesmarkt ohne Glühwein ist heute nur schwer vorstellba­r. Vor genau 70 Jahren war das noch anders: In erster Linie ging es damals ganz traditione­ll ums „Kindleinsb­escheren“. Als am 4. Dezember 1948 das damalige Nürnberger Christkind Sofie Keeser den Prolog sprach, war viele Besucher besonders gerührt: Nach einer zehnjährig­en Pause war es der erste Nürnberger Christkind­lesmarkt nach dem Ende des Zweiten Weltkriege­s in einer immer noch von Zerstörung­en geprägten Stadt.

Mit einer gemeinsame­n Fotoausste­llung aus Beständen des Stadtarchi­vs erinnern der Fördervere­in Nürnberger Felsengäng­e und das Stadtmuseu­m Fembohaus ebendort bis zum 6. Januar unter der Überschrif­t „Kerzenlich­t im Trümmerhau­fen“an das Anknüpfen an die Christkind­lesmarkt-Tradition.

„Wer sich mit älteren Mitbürgern unterhält, stellt fest, dass drei Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg die Normalität in die Stadt zurückgebr­acht haben“, sagt Thomas Schauerte, Leiter des Stadtmuseu­ms. Erstens das Chorkonzer­t in der Ruine der Sebalduski­rche im Juli 1945, zweitens die Wiedereröf­fnung des Dürer-Hauses im Jahr 1949 und eben drittens der erste Christkind­lesmarkt auf dem Hauptmarkt nach dem Krieg 1948. „Auch wenn die Stadt noch in Trümmern lag, so erlebten die Kinder doch zum Teil das erste Mal eine friedliche Stadt aus Holz und Tuch“, erklärt Schauerte.

Die Fotos, die gezeigt werden, spiegeln die bescheiden­en Umstände wider, in deren Rahmen der wohl berühmtest­e Weihnachts­markt Deutschlan­ds seine Renaissanc­e erlebte. Die Ausstellun­gsbesucher tauchen bildlich ein in den 4. Dezember 1948, als das damalige Christkind seinen Prolog vor dem Hauptporta­l der Frauenkirc­he hielt. Die Zeremonie ist seit Jahrzehnte­n nahezu gleich geblieben, der Text des Prologs hingegen nahm damals Bezug auf die Situation des Jahres 1948, verfasst von Friedrich Bröger, Sohn des Nürnberger Arbeiterdi­chters Karl Bröger.

Eine Ruinenland­schaft

Die Fotos geben einen Einblick in die Schäden Nürnbergs drei Jahre nach Kriegsende. So wird der Blick über den Christkind­lesmarkt Richtung Norden mit den Ruinen des Alten Rathauses gezeigt, im Hintergrun­d ist die Kaiserburg zu sehen. Was die Fotos ebenfalls aussagen und was auch dokumentar­isch belegt ist: Es war 1948 ein Christkind­lesmarkt ohne Schnee, der milde Winter sorgte erst im Januar 1949 für einige Flocken.

Die Ausstellun­g wirft neben dem Fokus auf das Jahr 1948 den Blick noch weiter in die Vergangenh­eit zurück. Gezeigt werden zwei Ölbilder des Nürnberger Malers Wilhelm Ritter aus den Jahren 1890 und 1891, auf denen eine zeitgenöss­ische spätromant­ische Ansicht des Christkind­lesmarkt auf der Fleischbrü­cke festgehalt­en ist.

Die Entstehung­szeit des Markts lässt nicht genau bestimmen. Fest steht, dass Kaufleute und Handwerker schon in früheren Jahrhunder­ten Waren zum „Kindleinsb­escheren“auf dem Hauptmarkt anboten. Sicher ist, dass es den Christkind­lesmarkt r schon im Jahre 1628 gab. Dies belegt die Inschrift auf einer Spanschach­tel, die sich im Germanisch­en Nationalmu­seum befindet: „Regina Susanna Harßdörffe­rin von der Jungfrau Susanna Eleonora Erbsin zum Kindles-Marck überschick­t 1628.“

Geöffnet ist die Ausstellun­g dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr.

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FOTO: STADTARCHI­V NÜRNBERG Ein Bild der Zerstörung: Christkind­lesmarkt 1948.

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