Staatsanwalt schließt einen Deal aus
BAG-Prozess in Stuttgart: Richter Schwarz legt Ergebnisse eines Rechtsgesprächs offen – Ungereimtheiten
ELLWANGEN/ STUTTGART - Im BAG-Prozess wegen Bilanzfälschung in Stuttgart hat die Staatsanwaltschaft eine Verständigung mit dem früheren BAG-Geschäftsführer sowie dem früheren Buchhalter der Genossenschaft ausgeschlossen.
Bereits am Mittwoch hatten die Prozessbeteiligten in einem nicht öffentlichen Rechtsgespräch ihre Positionen zum weiteren Verlauf des Verfahrens erörtert. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Schwarz hat die Ergebnisse des Gesprächs öffentlich gemacht. Zudem hat der frühere Oberprüfer des baden-württembergischen Genossenschaftsverbands vor der Kammer ausgesagt.
Am Freitag hatten sich außerordentlich viele Besucher im Saal der zehnten Großen Wirtschaftsstrafkammer eingefunden. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Schwarz ging zunächst auf die Ergebnisse eines Rechtsgesprächs ein, das am Mittwoch nach der öffentlichen Verhandlung geführt worden war. Neben der Kammer mit den beiden Schöffen hatten die drei Verteidiger sowie der Oberstaatsanwalt Heiko Wagenpfeil daran teilgenommen.
Verteidiger hofft auf kürzeres Verfahren
Ziel des Gesprächs, das Verteidiger Markus Gotzens vorgeschlagen hatte, sollte es sein, den weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, die Pläne der Kammer sowie eine mögliche Verfahrensverkürzung zu besprechen. Gotzens, der Verteidiger des früheren BAG-Geschäftsführers, hatte klargestellt, dass die Bilanzzahlen für 2010 und 2011 objektiv unrichtig seien. Er soll weiter in Aussicht gestellt haben, mit seinem Mandanten über eine „geständige Einlassung“zu sprechen, wenn ihm die Kammer und die Staatsanwaltschaft die Rechtsfolgen für seinen Mandanten mitteilen würden.
Verteidiger Sebastian Rieck erklärte für den ehemaligen Prokuristen, dass ihm daran gelegen sei, „dass das Verfahren baldmöglichst abgeschlossen werde“. Darüber hinaus sagte Richter Schwarz, dass in diesem Fall eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung sehr wahrscheinlich sei. Der dritte Verteidiger, Andreas Druwe, erklärte, er habe mit seinem Mandanten, dem früheren Buchhalter, noch nicht über eine Verständigung gesprochen. Allerdings seien ihm die Taten nicht zuzurechnen, da er kein Motiv habe. Einen gemeinsamen Tatentschluss habe es nicht gegeben.
Anschließend gab der Vorsitzende Richter das Wort an Oberstaatsanwalt Heiko Wagenpfeil. Dieser erklärte, dass es bei der Staatsanwaltschaft keine Bereitschaft zur Verständigung mit dem ehemaligen Geschäftsführer und dem ehemaligen Buchhalter gebe. Im Fall des ehemaligen Prokuristen stellte er eine Entscheidung am nächsten Verhandlungstag, dem 9. Januar, in Aussicht.
Verbandsoberprüfer entdeckt Fehlmengen
Den Hauptteil des Prozesstags nahm die Aussage eines weiteren Zeugen ein. Der 67-Jährige war Verbandsoberprüfer beim baden-württembergischen Genossenschaftsverband (BWGV) und hatte bei der BAG Ellwangen zuletzt in den 1970er Jahren die Geschäfte geprüft. Konkrete Berührungspunkte mit dem Unternehmen habe er erst wieder im Sommer 2012 gehabt, sagte er vor Gericht aus. Ein Verbandsprüfer, der am Mittwoch vor Gericht ausgesagt hatte, habe ihn Ende Juni 2012 auf mögliche Unstimmigkeiten aufmerksam gemacht. Er sei daraufhin tiefer in die Prüfung der Warenbuchhaltung eingestiegen und habe Fehlmengen festgestellt. Daraufhin habe er als Verbandsoberprüfer um ein Gespräch mit dem Vorstand, dem Aufsichtsrat und dem Geschäftsführer der BAG gebeten. Dieses habe am 28. Juni 2012 stattgefunden. Dabei habe er empfohlen, Getreide und lose Düngemittel zum 30. Juni 2012 zu überprüfen. „Im Nachhinein war das vielleicht ein Fehler. Aber das alles lag außerhalb meines Vorstellungsbereichs“, sagte der Zeuge vor Gericht. Eine Diskussion darüber, ob man alles oder nur lose Waren prüfen sollte, habe es nicht gegeben.
Schon bei diesem Treffen sei der ehemalige Prokurist als Schuldiger für die Vorfälle dargestellt worden, weshalb eine Entlassung des Mitarbeiters im Raum gestanden habe. Daher sei die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags am 17. Juli 2012 die logische Folge gewesen. An Details aus diesem Treffen konnte er sich nach eigener Aussage nicht mehr erinnern.
Auch zu den Aufgaben des Prüfers machte der Zeuge Angaben. Diese deckten sich größtenteils mit den Angaben des Verbandsprüfers, der am Mittwoch ausgesagt hatte. Allerdings erklärte der 67-Jährige, dass es zwingend notwendig gewesen sei, dass die Saldenbestätigungen vom Prüfer verschickt werden. Dass sein Mitarbeiter anders gehandelt hatte, sei ihm nicht bewusst gewesen. „Die Anweisung war eine andere“, sagte er aus.
An eine Sache konnte oder wollte der Zeuge sich jedoch partout nicht mehr erinnern: Im September 2013 war er laut den Akten vom ermittelnden Kriminalbeamten kontaktiert worden. An dieses Gespräch konnte sich der Zeuge nun nicht mehr erinnern.
Auch von einem Telefonat, das er in Bezug auf den Raiffeisenmarkt in Hüttlingen mit dem Geschäftsführer geführt haben soll, um ihn von Manipulationen in Kenntnis zu setzen, wusste der Oberprüfer am Freitag vor Gericht nichts mehr. Die Verhandlung wird am 9. Januar fortgesetzt. Um 13.30 Uhr wird der Leiter eines Raiffeisenmarkts aussagen. Alle Artikel zum Prozess finden sich unter www.schwäbische.de/ bag-prozess2018