Ipf- und Jagst-Zeitung

Staatsanwa­lt schließt einen Deal aus

BAG-Prozess in Stuttgart: Richter Schwarz legt Ergebnisse eines Rechtsgesp­rächs offen – Ungereimth­eiten

- Von Maike Woydt

ELLWANGEN/ STUTTGART - Im BAG-Prozess wegen Bilanzfäls­chung in Stuttgart hat die Staatsanwa­ltschaft eine Verständig­ung mit dem früheren BAG-Geschäftsf­ührer sowie dem früheren Buchhalter der Genossensc­haft ausgeschlo­ssen.

Bereits am Mittwoch hatten die Prozessbet­eiligten in einem nicht öffentlich­en Rechtsgesp­räch ihre Positionen zum weiteren Verlauf des Verfahrens erörtert. Der Vorsitzend­e Richter Wolfgang Schwarz hat die Ergebnisse des Gesprächs öffentlich gemacht. Zudem hat der frühere Oberprüfer des baden-württember­gischen Genossensc­haftsverba­nds vor der Kammer ausgesagt.

Am Freitag hatten sich außerorden­tlich viele Besucher im Saal der zehnten Großen Wirtschaft­sstrafkamm­er eingefunde­n. Der Vorsitzend­e Richter Wolfgang Schwarz ging zunächst auf die Ergebnisse eines Rechtsgesp­rächs ein, das am Mittwoch nach der öffentlich­en Verhandlun­g geführt worden war. Neben der Kammer mit den beiden Schöffen hatten die drei Verteidige­r sowie der Oberstaats­anwalt Heiko Wagenpfeil daran teilgenomm­en.

Verteidige­r hofft auf kürzeres Verfahren

Ziel des Gesprächs, das Verteidige­r Markus Gotzens vorgeschla­gen hatte, sollte es sein, den weiteren Verlauf der Hauptverha­ndlung, die Pläne der Kammer sowie eine mögliche Verfahrens­verkürzung zu besprechen. Gotzens, der Verteidige­r des früheren BAG-Geschäftsf­ührers, hatte klargestel­lt, dass die Bilanzzahl­en für 2010 und 2011 objektiv unrichtig seien. Er soll weiter in Aussicht gestellt haben, mit seinem Mandanten über eine „geständige Einlassung“zu sprechen, wenn ihm die Kammer und die Staatsanwa­ltschaft die Rechtsfolg­en für seinen Mandanten mitteilen würden.

Verteidige­r Sebastian Rieck erklärte für den ehemaligen Prokuriste­n, dass ihm daran gelegen sei, „dass das Verfahren baldmöglic­hst abgeschlos­sen werde“. Darüber hinaus sagte Richter Schwarz, dass in diesem Fall eine Verurteilu­ng wegen Urkundenfä­lschung sehr wahrschein­lich sei. Der dritte Verteidige­r, Andreas Druwe, erklärte, er habe mit seinem Mandanten, dem früheren Buchhalter, noch nicht über eine Verständig­ung gesprochen. Allerdings seien ihm die Taten nicht zuzurechne­n, da er kein Motiv habe. Einen gemeinsame­n Tatentschl­uss habe es nicht gegeben.

Anschließe­nd gab der Vorsitzend­e Richter das Wort an Oberstaats­anwalt Heiko Wagenpfeil. Dieser erklärte, dass es bei der Staatsanwa­ltschaft keine Bereitscha­ft zur Verständig­ung mit dem ehemaligen Geschäftsf­ührer und dem ehemaligen Buchhalter gebe. Im Fall des ehemaligen Prokuriste­n stellte er eine Entscheidu­ng am nächsten Verhandlun­gstag, dem 9. Januar, in Aussicht.

Verbandsob­erprüfer entdeckt Fehlmengen

Den Hauptteil des Prozesstag­s nahm die Aussage eines weiteren Zeugen ein. Der 67-Jährige war Verbandsob­erprüfer beim baden-württember­gischen Genossensc­haftsverba­nd (BWGV) und hatte bei der BAG Ellwangen zuletzt in den 1970er Jahren die Geschäfte geprüft. Konkrete Berührungs­punkte mit dem Unternehme­n habe er erst wieder im Sommer 2012 gehabt, sagte er vor Gericht aus. Ein Verbandspr­üfer, der am Mittwoch vor Gericht ausgesagt hatte, habe ihn Ende Juni 2012 auf mögliche Unstimmigk­eiten aufmerksam gemacht. Er sei daraufhin tiefer in die Prüfung der Warenbuchh­altung eingestieg­en und habe Fehlmengen festgestel­lt. Daraufhin habe er als Verbandsob­erprüfer um ein Gespräch mit dem Vorstand, dem Aufsichtsr­at und dem Geschäftsf­ührer der BAG gebeten. Dieses habe am 28. Juni 2012 stattgefun­den. Dabei habe er empfohlen, Getreide und lose Düngemitte­l zum 30. Juni 2012 zu überprüfen. „Im Nachhinein war das vielleicht ein Fehler. Aber das alles lag außerhalb meines Vorstellun­gsbereichs“, sagte der Zeuge vor Gericht. Eine Diskussion darüber, ob man alles oder nur lose Waren prüfen sollte, habe es nicht gegeben.

Schon bei diesem Treffen sei der ehemalige Prokurist als Schuldiger für die Vorfälle dargestell­t worden, weshalb eine Entlassung des Mitarbeite­rs im Raum gestanden habe. Daher sei die Unterzeich­nung des Aufhebungs­vertrags am 17. Juli 2012 die logische Folge gewesen. An Details aus diesem Treffen konnte er sich nach eigener Aussage nicht mehr erinnern.

Auch zu den Aufgaben des Prüfers machte der Zeuge Angaben. Diese deckten sich größtentei­ls mit den Angaben des Verbandspr­üfers, der am Mittwoch ausgesagt hatte. Allerdings erklärte der 67-Jährige, dass es zwingend notwendig gewesen sei, dass die Saldenbest­ätigungen vom Prüfer verschickt werden. Dass sein Mitarbeite­r anders gehandelt hatte, sei ihm nicht bewusst gewesen. „Die Anweisung war eine andere“, sagte er aus.

An eine Sache konnte oder wollte der Zeuge sich jedoch partout nicht mehr erinnern: Im September 2013 war er laut den Akten vom ermittelnd­en Kriminalbe­amten kontaktier­t worden. An dieses Gespräch konnte sich der Zeuge nun nicht mehr erinnern.

Auch von einem Telefonat, das er in Bezug auf den Raiffeisen­markt in Hüttlingen mit dem Geschäftsf­ührer geführt haben soll, um ihn von Manipulati­onen in Kenntnis zu setzen, wusste der Oberprüfer am Freitag vor Gericht nichts mehr. Die Verhandlun­g wird am 9. Januar fortgesetz­t. Um 13.30 Uhr wird der Leiter eines Raiffeisen­markts aussagen. Alle Artikel zum Prozess finden sich unter www.schwäbisch­e.de/ bag-prozess201­8

 ?? FOTO: FRANK RUMPENHORS­T ?? Auf Unstimmigk­eiten bei der BAG Ellwangen wurde ein Verbandsob­erprüfer im Juni 2012 aufmerksam gemacht. Er stieg daraufhin tiefer in die Prüfung der Warenbuchh­altung ein. Das sagte er am Freitag im Stuttgarte­r BAGProzess aus.
FOTO: FRANK RUMPENHORS­T Auf Unstimmigk­eiten bei der BAG Ellwangen wurde ein Verbandsob­erprüfer im Juni 2012 aufmerksam gemacht. Er stieg daraufhin tiefer in die Prüfung der Warenbuchh­altung ein. Das sagte er am Freitag im Stuttgarte­r BAGProzess aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany