Kein Urlaub, aber 51 Feiertage
Alte „Ellwangische Kalender“geben Einblick in den Alltag vor rund 200 Jahren
ELLWANGEN - Die „Ipf- und JagstZeitung“ist in diesem Jahr 200 Jahre alt geworden. Was in Ellwangen in der Vergangenheit passiert ist, beleuchten wir in einer losen Serie.
Alte Kalender sind interessante Zeitdokumente. Ein heute verschollenes, jedoch im Archiv beschriebenes Exemplar in Form eines kleinen Büchleins trägt den Titel „Ellwangischer Kalender; Nach der Geburt unseres Erlösers und Seligmachers JESU Christi, 1804. Welches ist ein Schalt-Jahr, von 366. Täg“.
Zurückgerechnet von 1804
Die Titelseite zeigt einen reizvollen Stich mit einer Stadtansicht von Ellwangen vor rund 220 Jahren. Die ersten Seiten des ausführlichen Kalendariums nennen die beweglichen Feste und Feiertage zwischen 1785 und 1814. Daran anschließend folgt eine Auflistung besonderer Begebenheiten aus der Weltgeschichte, die vom Jahr 1804 zurückgerechnet werden: „nach der Erschaffung der Welt 5753 (Jahre). Von Erbauung der Stadt Rom 2553 (Jahre). Im 12ten Jahr der glorwürdigsten Regierung Francisci II. als römischer Kaiser. Im 2. Jahr der Regierung seiner kurfürstlichen Durchlaucht Friedrich II. als Herzog v. Württemberg“.
„Gut Haar und Nägel schneiden“
Einen gleichermaßen wissenswerten wie kuriosen Einblick gewährt der Kalender in den Alltag vor rund 200 Jahren. So wird angegeben, an welchen Tagen besonders „Gut aderlassen“und „Kinder entwöhnen“sei oder wann „Gut säen und pflanzen“, „Gut Holz fällen“oder „Gut Haar und Nägel abschneiden“war.
Neben den täglichen Heiligennamen sind im Kalender auch das Wetter sowie die Tierkreiszeichen, Mond- und Sonnenfinsternisse angegeben. Das Durchblättern des Kalenderbüchleins aus dem Jahre 1804 gestattet uns einen Einblick in den Alltag vor rund 200 Jahren und zeigt, welche Bedeutung das Kalendarium als tägliche Begleitung für die damaligen Menschen hatte.
Ein bisschen neidisch könnten die heutigen Arbeitnehmer angesichts der vielen Feiertage in früheren Zeiten werden. In Ellwangens fürstpröpstlicher Zeit (1460 bis 1802) gab es keine Urlaubstage oder Ferienwochen, wie wir sie heute kennen. Dagegen hatten die meist kirchlichen Feiertage eine große Bedeutung für die Bevölkerung, denn an diesen durfte wegen des Festcharakters nicht gearbeitet oder gewerblichen Interessen nachgegangen werden. Auf einem im Schlossmuseum ausgestellten Ellwanger Kalender aus dem Jahr 1697 ist zu sehen, dass es, neben den Sonntagen, in der Fürstpropstei 51 Feiertage gab. Die beiden unbeliebtesten davon waren der 29. September sowie der 11. November, da bis zu diesen Tagen die Steuern und Abgaben beglichen sein mussten.
Gottesdienst war Pflicht
Die arbeitsfreien Tage waren jedoch durch den fürstpröpstlichen Staat streng geregelt: So mussten die Bürger am Vormittag dem Gottesdienst beiwohnen. Im Weigerungsfalle gab es neben Geldstrafen sogar „Arrest im Triller oder Narrenhaus“. Auch durften die Ellwanger Wirte erst nach Vollendung des Gottesdienstes Alkohol an die Gäste ausschenken.
Am Ende der Fürstpropstei ließ Clemens Wenzeslaus die 51 Feiertage nahezu um die Hälfte reduzieren, zum großen Bedauern seiner Untertanen. Nach der Säkularisation wurde ein allgemeiner, überregionaler Feiertagskalender eingeführt und die speziellen Ellwanger Feste abgeschafft.