Liverpool im Beatles-Rausch
Ein Jubiläum jagt das nächste
Alles begann nach einem Auftritt bei einer Kirchen veranstaltung im englischen Liverpool. Damals stieg Paul McCartney in John Lennons Schülerband „The Quarrymen“ein. „Er sah aus wie Elvis, ich mochte ihn“, sagte Lennon einmal. Das Duo legte den Grundstein für eine Band der Superlative: die Beatles. Gemeinsam mit George Harrison und Ringo Starr lieferten sie Hits am Fließband, etwa vor 50 Jahren das Album „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“. Auch 2019 feiert Liverpool die Jubiläen der Pilzköpfe.
Fans außer Rand und Band
Im kleinen Cavern Club hatten die Beatles fast 300 Auftritte. Es sei in dem Kellergewölbe dunkel gewesen und habe dort gestunken – „aber es war der großartigste Club der Welt“, so eine Zeitzeugin in der Ausstellung „The Beatles Story“in Liverpool. „Der Schweiß rann buchstäblich die Wände herunter .“Die Original Spiel stätte ist zwar längst durch eine Nachbildung ersetzt worden. Aber das scheint den eingefleischten Fans egal zu sein. Als der für seine 76 Jahre erstaunlich fitte Paul McCartney im vergangenen Juli dort ein „Geheimkonzert“gab, waren seine Anhänger außer Rand und Band.
McCartney bot in der Rock ’n’ Roll-Location eine musikalische Zeitreise mit Hits wie „Drive My Car“, „Lady Madonna“oder „Back in The U.S.S.R.“. „Willkommen zu Hause!“, rief ein Fan McCartney entgegen. Und der Senior antwortete locker: „Nett, dass du das sagst“– und spielte etwa zwei Dutzend Songs in der überhitzten Kellerbar.
Die Kassen klingeln
Der Cavern Club und viele andere Erinnerungen an die Beatles sind ein Touristenmagnet in Liverpool: Einer Studie zufolge spülte das Beatles-Erbe bereits im Jahr 2014 netto etwa 82 Millionen Britische Pfund in die Kassen. Ausstellungen zu der Band, Festivals, spezielle Themen-Hotels, die den Beatles huldigen, Touren durch die Stadt: Mehr als 2300 Arbeitsplätze hängen vom Beatles-Hype in Liverpool ab – Tendenz steigend, wie die Studie damals ergab.
Die von zwei Hochschulen in Liverpool im Auftrag der Stadt erstellte Untersuchung ging von einem 15prozentigen Wachstum pro Jahr aus. „Liverpool ist nicht nur der Geburtsort der Beatles, es ist auch ihre Wiege“, sagt Mike Jones vom Institut für Popmusik der Universität Liverpool. Was die Beatles als Liverpudlians – so heißen die Einwohner der Hafenstadt – gelernt hatten, nahmen sie laut Jones mit in die weite Welt: Selbstbewusstsein und kulturelle Einflüsse.
Inzwischen kommen Menschen aus aller Welt nach Liverpool, um die Wiege der Star-Band zu bestaunen. „Vor allem die Kreuzfahrt schiffe bringen eine Menge Menschen hierher, die meisten sind Amerikaner“, berichtet Ian Doyle, der Touren zu Beatles-Stätten in der Stadt anbietet. Auch Australier, Briten aus London und anderen Städten, Iren, Deutsche oder Italiener gehören zu den Touristen. Sein Fahrzeug nennt Doyle ein „psychedelisches Taxi in JohnLennon-Farben“.
Wer glaubt, die Beatles-Fans seien alle in die Jahre gekommen, der irrt. „Zwischen 16 und 68 Jahren ist alles dabei“, sagt Doyle und singt und Waisenhaus, in dessen Nähe Lennon aufwuchs. Seine Erinnerungen daran verarbeitete er im melancholischen Song „Strawberry Fields Forever“.
Und was ist 2020? 50 Jahre zuvor – also 1970 – trennten sich die Wege der Beatles. Wettbewerb untereinander und angeblich auch der Einfluss von Lennons Frau Yoko Ono, die noch heute viele Projekte in Liverpool fördert, sollen daran mit Schuld haben. „Die Auflösung ist kein Ereignis, das man feiern, sondern bedauern und beklagen sollte“, meint Jones.
Aber einen anderen Anlass zum Feiern sieht der Musikexperte dann doch: 1970 veröffentlichte Harrison mit „All Things Must Pass“sein erstes Soloalbum. „Es ist bis heute das am besten verkaufte Soloalbum eines Ex-Beatles“, betont Jones.