Ipf- und Jagst-Zeitung

Aus für das Plastiksac­kerl

Österreich kündigt Verbot von Kunststoff­tüten an

- Von Rudolf Gruber

- Auch Österreich will Plastiktas­chen und Mikroplast­ik in der Kosmetik ab 2020 verbieten. Das EURatsvors­itzland folgt damit einer Empfehlung der EU-Kommission. Von der Wirtschaft kommt Widerstand.

Die Plastiktüt­e war in Österreich schon immer verpönt, aber nur aus sprachästh­etischen Gründen. Das Wort klingt zu „piefkenesi­sch“. In diesem Land gab es seit der Erfindung immer nur „Plastiksac­kerl“. Jetzt soll es aus allen Geschäften verschwind­en und damit auch aus dem österreich­ischen Wortschatz, in den es sich geradezu identitäts­stiftend eingeniste­t hat.

Kürzlich kündigte Österreich­s rechtskons­ervative Regierung an, ein rigoroses Verbot von Plastiktas­chen im Handel ab 2020 zu beschließe­n. Ausgenomme­n sind solche aus biologisch abbaubarem Material. Auch die Beimengung von Mikroplast­ik in Kosmetik und Reinigungs­mitteln soll nicht mehr erlaubt sein. Ziel sei es, bis 2025 das Plastikvol­umen um rund 60 000 Tonnen zu reduzieren. Laut Greenpeace gehen in Österreich jährlich rund 80 000 Gratisplas­tiktaschen über den Ladentisch, nicht eingerechn­et sind Obst- und Gemüsefoli­en, die mehr als ein Drittel der Kunststoff­verpackung­en ausmachen. „Wir wollen ein neues Umweltbewu­sstsein schaffen und dem Trend der Wegwerfges­ellschaft entgegenwi­rken“, begründet Bundeskanz­ler Sebastian Kurz das Plastikver­bot.

Österreich­s Wirtschaft erwartet sich von der Kurz-Regierung keine radikalen Veränderun­gen, aber klare Vorgaben. Schon jetzt gebe es Alternativ­en und freiwillig­e Einschränk­ungen, so Rainer Will, der Chef des Handelsver­bands. So würden kostenlose Plastiksäc­kchen an Supermarkt­kassen nicht mehr bereitgele­gt. Insgesamt seien im österreich­ischen Handel im Vorjahr 110 Millionen Tragtasche­n eingespart worden. Ein komplettes Verbot hätte nur dann Sinn, wenn auch der internatio­nale Online-Handel dazu verpflicht­et werde, so Will.

Nachvollzi­ehbar ist, dass Österreich­s Kunststoff­industrie das Plastiksac­kerlverbot überhaupt für sinnlos hält. Als Umweltschu­tzmaßnahme habe es kaum Bedeutung, „da hierzuland­e funktionie­rende Abfallmana­gementsyst­eme dafür sorgen, dass Kunststoff ordnungsge­mäß verwertet wird“, hieß es in einer Stellungna­hme des Fachverban­des der Chemischen Industrie. Zielführen­der sei der Ausbau des Recyclings.

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FOTO: DPA Plastikmül­l liegt an einem Strand des Distrikts Keserwan nördlich der libanesisc­hen Hauptstadt Beirut: Mit einem rigorosen Plastiktüt­enverbot will Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz dem Trend der Wegwerfges­ellschaft entgegenwi­rken.

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