Herausgeputzt für Jesu Geburt
Die größte Kirche der Christenheit ist in der Adventszeit kaum weihnachtlich geschmückt – Dafür gibt es auch gute Gründe
Eine Fläche von über 20 000 Quadratmetern, zahllose Statuen aus der Renaissance und Barockzeit, die Wände geschmückt mit prachtvollen Mosaiken – aber kein einziges Gemälde oder Fresko, das durch einen Pinselstrich entstanden wäre: Der Petersdom im Vatikan hat viele Besonderheiten. Eine davon ist, dass es hier in der Adventszeit so gut wie gar keine Dekorationen gibt. „Nur ein einziges Mosaik in der Basilika zeigt die Geburt Jesu“, erläutert Pietro Zander, der bei der vatikanischen „Fabbrica San Pietro“beschäftigt ist. Die Dombauhütte war im 16. Jahrhundert mit dem Bau der großen Basilika betraut und zeichnet heute für ihre Instandhaltung verantwortlich. In der Adventszeit und an Weihnachten ist Zander für die Dekorationen der Kirche zuständig, die der Christmette mit dem Papst als Kulisse dient.
Dass es keine besondere Weihnachtsdekoration gibt, liegt an der ohnehin schon reichen Ausschmückung des Petersdoms, mit seinen vielen Statuen und Mosaiken. Schon am Eingang stößt der Besucher auf ein weltberühmtes Meisterwerk: Michelangelos „Pietà“. Der italienische Künstler war erst Mitte zwanzig, als er sie im 16. Jahrhundert in einen Marmorblock gemeißelt hat. Seither steht diese Statue der trauernden Muttergottes mit dem toten Jesus im Arm im Petersdom.
Holzkrippe aus Oberammergau
„Die erste und bisher einzige Weihnachtsdekoration im Petersdom gibt es erst seit den 1980er-Jahren“, verrät Zander: eine Holzkrippe, die Heinrich Zunterer, ein Künstler aus Oberammergau, dem damaligen Papst geschenkt hat. Das war im Jahr 1985, der damalige Papst hieß Johannes Paul II. Der Papst aus Polen beschloss, diese Krippe, die aus etwa ein Meter hohen Figuren besteht, in der Adventszeit aufstellen zu lassen. Seither ist es zur Tradition geworden, dass sie von den Mitarbeitern der vatikanischen Dombauhütte jedes Jahr im Advent aufgestellt wird.
„Wir fangen immer Mitte November damit an“, sagt Zander, der eigentlich wissenschaftlicher Mitarbeiter ist, mit Schwerpunkt für die vatikanische Nekropole und die Ausgrabungen aus der Antike. Etwa sechs bis sieben Mitarbeiter – alles Männer – der rund 100 Angestellten der „Fabbrica di San Pietro“sind mit der Aufstellung der Krippe beschäftigt. Es wird den ganzen Tag daran gearbeitet. Die Kulisse besteht aus Styropor. Es wird aber auch echtes Stein- und Holzmaterial verwendet. In diesem Jahr steht die Weihnachtskrippe an der Seitenkapelle, in der Nähe des großen Taufbeckens der Basilika am Ausgang des Petersdoms. „Jeder Pilger, jeder Besucher der Basilika läuft also in der Adventszeit und an Weihnachten an ihr vorbei“, so Zander, dem der Stolz der „Sanpietrini“– wie die Mitarbeiter der Dombauhütte in Rom genannt werden – deutlich anzusehen ist. Bis vor zwei Jahren wurde sie in der Nähe des Altars bei der Seitenkapelle zu Ehren von Pius X. aufgestellt. Doch Papst Franziskus wollte nicht, dass die Krippe den Altar verdeckt, unter dem sich die Reliquie seines Vorgängers befindet. „Das Besondere an der Krippe ist, dass sie neben Zunterers Figuren auch einige Figuren hat, die dank eines eingebauten Motors beweglich sind. Es gibt sogar einen kleinen Wasserfall mit echtem Wasser, und eine Beleuchtung, die die vier Tagesabschnitte lichttechnisch darstellt“, erzählt Zander stolz. Allein für das Sternengewölbe werden 3000 kleine Lämpchen aufgestellt. „Mir ist es ein Anliegen, dass sie auch so eingefügt werden, dass sie in etwa die korrekte Sternenkonstellation darstellen“, unterstreicht Zander. Und gerade das Licht wird eine Neuheit bei der Christmette 2018 mit Papst Franziskus sein, verrät der Italiener, der seit 1998 bei der vatikanischen Dombauhütte beschäftigt ist. Die neue Gesamtbeleuchtung in der Basilika wird etliche Stellen „neu in Szene setzen“, verrät Pietro Zander. Eine deutsche Glühbirnenfirma habe extra für den Vatikan dieses besondere Lichtkonzept erarbeitet. Davon würden sowohl die Touristen im Petersdom als auch die Fernsehzuschauer daheim profitieren, denn damit werde die Christmette „in einem wärmeren Licht“erstrahlen, verspricht Zander.
Kein Weihnachtsbaum im Petersdom also, wie man es von Kirchen in Deutschland kennt. Dafür aber eine 23 Meter hohe Fichte auf dem Petersplatz vor dem Petersdom. Daneben haben in diesem Jahr Künstler aus aller Welt in diesem Jahr aus rund 700 Tonnen Sand eine riesige Krippe gebaut. Doch wer jetzt denkt, dass mit der Krippenarbeit, die wohl noch bis zum 24. Dezember andauern wird, die 100 Mitarbeiter sonst nichts zu tun hätten, der irrt sich. „Weihnachtszeit bedeutet für uns vor allem Putz-Zeit“, sagt Zander. Damit sich das Gotteshaus für die Tausenden Gäste – es kommen jeden Tag mindestens 30 000 Menschen in die Basilika – auch zur Weihnachtszeit von seiner schönsten Seite zeigt, werde in der Adventszeit jede Ecke entstaubt. „Allein für den großen bronzenen Baldachin beim Hauptaltar brauchen wir einen halben Tag“, sagt Zander. Sie machen diese Arbeit wenige Tage vor Weihnachten und zu Zeiten, wenn die Basilika fürs Publikum geschlossen ist.