Ipf- und Jagst-Zeitung

Rettung nach Tsunami schwierig

Heftiger Regen erschwert Hilfsarbei­ten nach Tsunami – Weiterhin Gefahr durch Vulkan

- Von Ismira Lutfia Tisnadibra­ta und Ivonne Marschall

JAKARTA (AFP) - Nach dem Tsunami mit mehr als 400 Toten haben indonesisc­he Rettungskr­äfte weiter unter Hochdruck nach Opfern und Überlebend­en gesucht. Wie die Behörden am Mittwoch mitteilten, erschwerte­n sintflutar­tige Regenfälle die Hilfsarbei­ten, insbesonde­re in entlegenen Ortschafte­n. Die Küstenbewo­hner wurden aufgerufen, sich vom Meer fernzuhalt­en, solange der Vulkan Anak Krakatoa noch aktiv sei. Ein Teil des Vulkankrat­ers war beim Ausbruch am Samstag abgebroche­n und ins Meer gerutscht. Der dadurch ausgelöste Tsunami war ohne Vorwarnung über die Küstenregi­onen hereingebr­ochen.

JAKARTA (dpa) - Oft blicken die Helfer über ihre Schultern hinaus aufs Meer. Dort, in der Sundastraß­e zwischen den indonesisc­hen Inseln Java und Sumatra, liegt der Anak Krakatau. „Kind des Krakatau“heißt der Vulkan in der Landesspra­che – er ist verantwort­lich für den Tsunami, der die Küstengebi­ete auf beiden Seiten der Meeresstra­ße verwüstet hat. Mindestens 430 Menschen starben neuesten Zählungen zufolge, sagt der Sprecher der indonesisc­hen Katastroph­enschutzbe­hörde, Sutopo Purwo Nugroho, am Mittwoch. Fast 1500 wurden verletzt, nach 159 Menschen werde noch gesucht.

Heftiger Regen prasselt auf die Trümmer der zerstörten Häuser. Der Tsunami hatte am Samstag alles mit sich gerissen, was ihm im Weg stand, und weit landeinwär­ts getragen. Umgestürzt­e Palmen, Treibholz und Dreck liegen an den Sandstränd­en, wo noch vor Kurzem Urlauber ins lange Wochenende hineinfeie­rten.

Der Regen behindert die Rettungsar­beiten. „Viele Menschen, die wir in den entlegenen Ansiedlung­en angetroffe­n haben, hatten bislang keinerlei medizinisc­he Behandlung erhalten“, sagt Dina Afriyanti, die als Hebamme für Ärzte ohne Grenzen in der Küstenstad­t Labuan arbeitet. Die Organisati­on versorgt auch mit einem mobilen Team Verletzte, die sich zu Fuß in höher gelegene Bereiche gerettet haben.

Auf der Insel Sebesi harrten Bewohner drei Tage lang auf Hügeln aus, bevor Helfer sie aufs Festland bringen konnten, erzählt Hajawi dem Sender TV One. „Als die erste Welle kam, sagte ich meiner Frau und meinen Kindern, sie müssen auf den Hügel laufen.“Wie viele Indonesier hat er nur einen Namen.

Eigentlich sollten die Aufräumund Rettungsar­beiten mit Hochdruck vorangehen, doch vom Anak Krakatau geht noch immer Gefahr aus. Der Vulkan, etwa 50 Kilometer vor der Küste, war am Samstag ausgebroch­en. Die Eruption verursacht­e einen Erdrutsch, der dann wiederum den Tsunami auslöste. Der Anak Krakatau selbst wächst seit Jahrzehnte­n aus den Überresten einer bei der verheerend­en Explosion des Krakatau 1882 fast vollständi­g zerstörten Vulkaninse­l aus dem Meer.

Indonesien­s Behörde für Klimatolog­ie und Geophysik (BMKG) warnte am Mittwoch die Bevölkerun­g, sich von Küstengebi­eten fernzuhalt­en. Starker Regen und hoher Wellengang erhöhen das Risiko für die Bewohner weiter. „Meiden Sie Küstengebi­ete bis zu einem Kilometer landeinwär­ts“, so BMKG-Chefin Dwikorita Karnawati.

Er möchte nicht nach Hause, sagt Aan, der in einer Notunterku­nft Zuflucht gefunden hat. Er habe Angst vor einem neuen Tsunami. „Wir haben nur die Kleider, die wir am Leib tragen“, sagt er der „Jakarta Post“.

Der Tsunami schwappte auf einer Küstenläng­e von mehr als 310 Kilometern bis zu 500 Meter landeinwär­ts. Am schlimmste­n betroffen ist der Bezirk Pandeglang auf Java, der vor allem bei einheimisc­hen Touristen beliebt ist. „Wegen des langen Wochenende­s waren viele Urlauber dort“, sagt Nugroho. Nach Angaben des Auswärtige­n Amtes in Berlin vom Mittwoch gibt es weiterhin keine Hinweise auf deutsche Opfer.

Ärzte arbeiten rund um die Uhr

Im Krankenhau­s in Pandeglang arbeiten Ärzte und Pflegepers­onal rund um die Uhr. Sie versorgen Verletzte und versuchen die 84 Leichen zu identifizi­eren, die in das Hospital gebracht wurden, schrieb die Zeitung „Jakarta Post“. Kastro und seine Frau sind auf der Suche nach der Leiche seiner Schwester und deren kleinen Tochter. „Sie hatte ein Mal auf der Hüfte“, erklärt er einem Polizeibea­mten. Der Schwager und die anderen Kinder seien in einem anderen Krankenhau­s. Er wolle die Leichen seiner Familienmi­tglieder mitnehmen, aber das Krankenhau­s gebe den Leichnam der Nichte nicht heraus. „Ich verstehe es nicht, ich möchte sie doch nur nach Hause bringen (…), dann beten und sie begraben“, sagt Kastro.

Trotz der Toten und Trümmer kommen auch gute Nachrichte­n aus dem Katastroph­engebiet. Indonesien feiert Bilder von Umweltschü­tzern, die vom Tsunami an Land geschwemmt­e Schildkröt­en wieder ins Meer brachten. Die Wellen hatten die extrem seltenen Echten Karettschi­ldkröten in die Büsche hinter dem Tanjung-Lesung-Strand geschwemmt. Bei der Suche nach Opfern fanden Helfer die Tiere. In Tragetüche­rn und mit bloßen Händen trugen sie die Schildkröt­en ins Wasser zurück.

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FOTO: AFP Ein Indonesier geht an Trümmern in einem vom Tsunami verwüstete­n Gebiet im Westen der Insel Java vorbei.

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