Netanjahu lässt Israel neu wählen
Israel wählt am 9. April vorzeitig ein neues Parlament. Der konservative Regierungschef Benjamin Netanjahu bestätigte die Entscheidung seiner Koalition für Neuwahlen. Am Mittwoch versammelte sich das Parlament in Jerusalem, um über eine Selbstauflösung abzustimmen. Regulär waren Wahlen erst im November 2019 vorgesehen. Im Bemühen, sich vor den Wahlen möglichst viele Stimmen im rechten Lager zu sichern, warnte Netanjahu am Mittwoch bei einem Treffen mit Siedlerführern vor einem „Versuch der Linken, einen Umsturz zu erzielen“. Eine solche Wende könne „das Siedlungsprojekt (in den Palästinensergebieten) gefährden“, sagte der 69-Jährige nach Medienberichten.
Oppositionsführerin Zipi Livni forderte in der Knesset, vor den Wahlen ein Mitte-Links-Bündnis gegen Netanjahu zu bilden. Nur geeint könne man einen Regierungswechsel herbeiführen, sagte die ehemalige Außenministerin. Die Chefs der fünf Parteien in Netanjahus rechts-religiöser Koalition wollen ihre Zusammenarbeit noch bis zu den Wahlen fortsetzen.
Warum setzt Netanjahu jetzt auf Neuwahlen? Er steht wegen Korruptionsvorwürfen stark unter Druck. In den kommenden Monaten wird mit einer Entscheidung der Staatsanwaltschaft über eine mögliche Anklage in drei Fällen gerechnet. Es gilt allerdings als wahrscheinlich, dass Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit seine Entscheidung wegen der Wahlen im April nun weiter aufschiebt.
Außerdem war Netanjahus Regierungskoalition zuletzt immer stärker unter Druck geraten. Seit dem Rücktritt von Verteidigungsminister Avigdor Lieberman im November musste Netanjahu mit einer knappen Mehrheit von 61 der 120 Sitze im Parlament regieren. Abstimmungen in der Knesset in Jerusalem wurden zunehmend zur Zitterpartie für die Koalition.
Als weiterer Grund für die vorgezogenen Wahlen gilt der Streit um ein Wehrpflichtgesetz, das bis Mitte Januar verabschiedet werden muss. Ziel des Gesetzes ist, schrittweise mehr strenggläubige Männer zum Wehrdienst zu verpflichten. Oppositionspolitiker Jair Lapid von der Zukunftspartei wirft Netanjahu jedoch vor, er habe einen Pakt mit den religiösen Parteien geschlossen, um eine strikte Umsetzung zu verhindern. Lapid teilte mit, er wolle deshalb das Gesetz nicht unterstützen, ebenso wie der zurückgetretene Verteidigungsminister Lieberman. Damit hätte das Vorhaben keine Mehrheit mehr.
Israels Opposition ist bislang zersplittert. Der frühere Verteidigungsminister Mosche Jaalon kündigte zudem die Gründung einer neuen Partei an. Livni forderte Oppositionspolitiker auf, „ihr Ego für ein gemeinsames Ziel beiseite zu schieben“.
Die Zeitung „Maariv“veröffentlichte eine Umfrage, der zufolge Netanjahus Likud-Partei auf 30 von 120 Mandaten im Parlament käme. Damit wäre die Regierungspartei erneut stärkste Fraktion. Sollte der ehemalige Generalstabschef Benny Ganz, der als einziger ernstzunehmender Gegner Netanjahus gilt, bei der Wahl kandidieren, würde eine Partei unter seiner Führung laut der Umfrage zweitstärkste Kraft und käme auf 13 Mandate. Netanjahu ist seit 2009 durchgängig im Amt.