Künstlerinterviews – ein einzigartiges Zeitdokument
Besuchern stehen die Interviews von Quintus Scheble künftig im Kunstverein Ellwangen zur Verfügung
ELLWANGEN - „Alles, was ich mache, muss ein Meisterwerk werden.“Diesen hohen Anspruch hatte der Ellwanger Metallbildhauer Otto Vogt an sein künstlerisches Schaffen. Formuliert hat ihn Vogt in einem Interview, das Quintus Scheble im März 1979 mit ihm führte. Scheble war damals – gegen Ende seiner Studienzeit – in der Ellwanger Lokalredaktion der „Ipf- und Jagst-Zeitung“tätig und sprach mit Ellwanger Künstlern über ihre Arbeit. Sie alle hatten ihren Lebensmittelpunkt in der Stadt und haben hier Spuren hinterlassen. So entstand ein einzigartiges Zeitdokument. Die Tonbänder mit den Aufnahmen hat Scheble jetzt dem Ellwanger Kunstverein übergeben.
Braucht Kunst eine Erklärung? Leben Bilder und Skulpturen nicht ohne Worte und entziehen sich der Definition? Zerredet man nicht, was nonverbal für sich selbst spricht? Künstler tun sich oft schwer, anderen ihre Werke zu erklären: „Der Künstler kann höchstens Hinweise geben: schau, da habe ich mich ausgedrückt“, sagte Helmut Esdar im Gespräch mit Quintus Scheble am 23. Dezember 1978. Es war der erste Beitrag der Reihe und wurde wie die nachfolgenden in der „Ipf- und JagstZeitung“veröffentlicht. Karl-Heinz Knoedler, der mehr als fünf Jahrzehnte in Ellwangen lebte und arbeitete, sah das etwas anders. Über moderne Musik sagte Knoedler im Gespräch mit Quintus Scheble: „Wenn man keine Brücke gebaut kriegt, um dahin zu kommen, kommt man einfach nicht hin.“In der bildenden Kunst ist das nicht anders. Quintus Schebles Künstlerinterviews schlagen Brücken. Brücken vom Künstler zum Betrachter, Brücken von damals in die heutige Zeit. Sie sind einzigartige Zeitzeugnisse. Mit klugen Fragen und hoher Sensibilität für sein Gegenüber hat Scheble erreicht, dass sich die Künstler öffneten. Mit Schreibblock, Aufnahmegerät und Kamera war er unterwegs und „hatte“sie alle: Helmut Esdar, KarlHeinz Knoedler, Ernst Graul, Otto Vogt, Bernhard Manz, Johannes Lindenmaier und Erich Pörner. Mit Schebles Vater, dem Plastiker Hans Scheble, hat am 22. Mai 1979 Johannes Müller gesprochen. Der Künstler Hans Scheble war bis zu seinem Tod 1994 vor allem in Ellwangen tätig. Ihm widmete die Stadt im Dezember 2017 eine Retrospektive.
Gerade noch rechtzeitig digitalisiert
Bewusst hat Quintus Scheble die Interviews nicht im Frage-AntwortModus, sondern in Form eines Features verfasst. Das macht Zusammenhänge deutlich, ordnet ein und lässt auch eigene Gedanken und Beobachtungen einfließen. Roland Hasenmüller, Vorsitzender des Ellwanger Kunstvereins und Medienspezialist, hat die Bänder digital aufbereitet: Gerade noch rechtzeitig, so der Profi, denn auch Tonbänder haben ihr Verfallsdatum. Für den schwer zu bespielenden hinteren Bereich der Räume des Kunstvereins im Schloss, in dem eine Mediathek oder Bibliothek entstehen soll, eignen sie sich perfekt und sollen Besuchern künftig zur Verfügung stehen: „Ich weiß sie hier in den besten Händen“, so Quintus Scheble. Der gebürtige Ellwanger ist Gründungsmitglied des Kunstvereins. Von 1979 bis 1982 war er landespolitischer Redakteur der Schwäbischen Zeitung in Stuttgart. Von 1982 bis 1991 leitete er das Kultur- und Presseamt seiner Heimatstadt. Über 18 Jahre war Scheble Pressesprecher des baden-württembergischen Landtags. Mit seiner Pensionierung vor zwei Jahren endete eine Ära. Auch als Autor hat sich Scheble einen Namen gemacht.