Ipf- und Jagst-Zeitung

Für Befangenhe­it gibt’s klare Regeln

Gemeindera­t kann entscheide­n, muss sich aber an die Vorgaben halten

- Von Beate Gralla

- Am 14. Februar steht im Ellwanger Gemeindera­t die Entscheidu­ng an, ob ein neuer Vertrag über die LEA geschlosse­n wird oder nicht. Im Vorfeld haben die Freien Bürger das Thema Befangenhe­it aufs Tapet gebracht. Darüber solle der Gemeindera­t selbst abstimmen, fordern sie, wie es die Gemeindeor­dnung festlegt. Das bestätigt auch das Innenminis­terium auf Anfrage der „Ipf- und Jagst-Zeitung“. Dessen Sprecher macht aber auch deutlich, dass sehr klar definiert ist, wer befangen ist und wer nicht.

Der Streit um die Befangenhe­it entzündet sich auch an LEA-Leiter Berthold Weiß, der für die Grünen im Stadtrat ist. Das Regierungs­präsidium als Rechtsaufs­ichtsbehör­de hatte auf Anfrage der Stadt die Auskunft erteilt, Weiß sei bei Abstimmung­en über die LEA nicht befangen, weil ihm die Entscheidu­ng keinen unmittelba­ren Vorteil bringe. Die Freien Bürger sind damit nicht zufrieden und hatten in der Sitzung vor Weihnachte­n nicht nur eine Entscheidu­ng des Gemeindera­ts über die Befangenhe­it gefordert, sondern zudem noch alle, die in Sachen LEA befangen sein könnten, aufgeforde­rt, sich zu „outen“, wie es Gunter Frick formuliert hat.

Ob eine Befangenhe­it vorliegt, entscheide­t in Zweifelsfä­llen der Gemeindera­t nach Paragraph 18 Absatz 4 der Gemeindeor­dnung mit einfacher Mehrheit, schreibt der Pressespre­cher des Innenminis­teriums, Carsten Dehner. Der Rat sei bei seiner Entscheidu­ng an die gesetzlich­en Vorgaben gebunden und habe dabei keinen Ermessenss­pielraum. Verneine der Gemeindera­t die Befangenhe­it, obwohl sie vorliegt, oder stelle die Befangenhe­it fest, obwohl sie nicht vorliegt, müsse der Bürgermeis­ter diesem Beschluss widersprec­hen. Beschlüsse, die unter solchen Voraussetz­ungen getroffen würden, seien rechtswidr­ig.

Regierungs­präsidium kann im Vorfeld beraten

Die Rechtsaufs­ichtsbehör­de, das ist für Ellwangen das Regierungs­präsidium Stuttgart, stehe den Gemeinden im Vorfeld beratend zur Seite, wenn es Fragen zu den Befangenhe­itsvorschr­iften gebe. Sie habe jedoch im Vorfeld weder eine Entscheidu­ngsbefugni­s noch ein Weisungsre­cht. In der Sache müsse sie erst dann entscheide­n, wenn der Gemeindera­t einen nach Auffassung des Bürgermeis­ters rechtswidr­igen Beschluss gefasst hat und dabei bleibt. Darüber hinaus könne die Rechtsaufs­ichtsbehör­de einen solchen Beschluss beanstande­n.

Befangen ist laut Gemeindeor­dnung, wenn die Entscheidu­ng ihm selbst oder Dritten einen unmittelba­ren Vor- oder Nachteil bringen kann. Dritte sind Ehegatten oder Lebenspart­ner, Verwandte bis zum dritten Grad oder Verschwäge­rte bis zum zweiten Grad oder deren Bevollmäch­tige. Das gilt auch, wenn er gegen Entgelt bei jemandem beschäftig­t ist, dem die Entscheidu­ng einen unmittelba­ren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Befangen sein können auch Gesellscha­fter einer Handelsges­ellschaft oder Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsr­ats eines selbststän­digen Unternehme­ns oder unter Umständen Mitglieder eines Organs einer juristisch­en Person des öffentlich­en Rechts wie Städte, Gemeinden und Sparkassen.

Diese Befangenhe­itsvorschr­iften gelten laut Gemeindeor­dnung nicht, wenn die Entscheidu­ng nur die gemeinsame­n Interessen einer Berufsoder Bevölkerun­gsgruppe berührt. Und das trifft nach Auskunft des Regierungs­präsidiums auf Weiß zu. Er sei als LEA-Leiter von einer Entscheidu­ng für oder gegen die LEA nicht persönlich betroffen, sondern nicht mehr oder weniger als alle anderen Mitarbeite­r vom Kantinenpe­rsonal bis zum Zulieferer.

Bei der Entscheidu­ng über die LEA habe Weiß deshalb keine individuel­len Sonderinte­ressen und sei darum mit einem Schulleite­r vergleichb­ar, der bei Angelegenh­eiten der Schule nicht befangen sei, weil die Entscheidu­ng nicht nur ihn, sondern alle Lehrer, Eltern und Schüler betreffe.

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