Von Mut und bitteren Momenten
- Es gab sie oft genug, diese Momente in der Hinrunde, als man sich in und um den VfR Aalen dachte: Das darf doch nicht wahr sein. Besonders in den letzten beiden Spielen des ersten Teils dieser Saison, die für die Nerven aller Beteiligten noch ziemlich strapaziös werden dürfte, spitzte sich diese Ungläubigkeit zu. Zwei späte Gegentore, erst in der vierten Minute der Nachspielzeit und, als man dachte später geht nicht mehr in der sechsten Minute der Nachspielzeit.
Ohne diese beiden Gegentreffer, erst zum Ausgleich gegen Cottbus und dann gegen Rostock, hätte der VfR vier Punkte mehr auf dem Konto. Sie hätten der Mannschaft in dieser Situation geholfen – denn zum Jahresabschluss, mit dem ersten absolvierten Rückrundenspiel, beträgt der Rückstand der Aalener auf den Nichtabstiegsplatz fünf Punkte. Aalen steht im Abstiegskampf. „Es kam viel zusammen. Aufwand und Ertrag stimmen nicht überein“, erklärt VfRTrainer Argirios Giannikis (38) im Gespräch zur Analyse mit Sportredakteur Benjamin Post.
Es kam in dieser ziemlich durchwachsenen Hinrunde (nur drei Siege in 19 Spielen) mehr zusammen als späte Gegentore. Da waren einige Aluminiumtreffer, zahlreiche vergebene Chancen und auch einige individuelle Fehler (vor denen selbst der erfahrene Kapitän und Torwart Daniel Bernhardt nicht gefeit war), defensive Anfälligkeit, auch bei Standards. Gegen all das kann ein Trainer auf dem Platz nicht viel machen, in Teilen aber im Training. Giannikis, neuer Coach seit dieser Saison, hat dem Team einen neuen Spielstil verpasst, genug Lob gab es von vielen Seiten, nur nicht genug Punkte – und Ergebnisse zählen am Ende. Offensiv, schnell, mutig, taktisch flexibel kam der VfR in der Hinrunde daher – aber auch nicht konstant und erfolgreich genug. Es stellt sich auch die Frage nach der (Drittliga-) Qualität mancher Spieler – personell war es für den Trainer schwer nachzulegen. Giannikis und Hermann Olschewski als Präsident Sport haben die sportliche Leitung inne, sie haben die Neuzugänge geholt und basteln nach wie vor am Kader. Die sogenannte zweite Reihe drängte sich nicht auf, vor allem nicht offensiv. Um sich aus der aktuell prekären Situation zu befreien, wird sich jedoch etwas am Kader des Drittligisten ändern: Spieler werden den Verein verlassen und es werden neue Profis dazu kommen, um in der Rückrunde den Klassenerhalt zu sichern, teilte der Verein am Freitag mit.
Beim Blick auf die Gegner zeigte sich: Verstecken muss sich der VfR in dieser vielseits zitierten stärksten 3. Liga aller Zeiten nicht. Es gab gute Spiele gegen Mannschaften wie Osnabrück, Karlsruhe und Münster (die sich dort tummeln, wo der VfR weit entfernt ist), aber auch Aussetzer wie gegen 1860 München, ausgerechnet vor einer Top-Kulisse von 8212 Zuschauern, und Fortuna Köln. Der VfR überwintert ungemütlich auf dem vorletzten Tabellenplatz. Schon zwei Mal kam in der Hinrunde die Trainerfrage auf (der bekanntlich das schwächste Glied in der Kette ist), nach der Köln-Niederlage und dem verspielten Heimsieg gegen Cottbus – und in der Winterpause.
Verein stärkt Trainer den Rücken
Bei einem Treffen zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat des VfR kamen die Verantwortlichen in dieser Woche mehrheitlich zum Entschluss, weiterhin am Trainerteam um Chefcoach Giannikis festzuhalten. „Das Präsidium sieht unter Giannikis eine klare sportliche Weiterentwicklung der Mannschaft, nur das fehlende Matchglück sowie die unnötigen, individuellen Fehler verhinderten eine bessere Punkteausbeute“, erklärte der Präsidiumssprecher Roland Vogt und stärkte damit dem 38-Jährigen trotz schwieriger sportlicher Situation den Rücken. Zunächst startet der VfR am 4. Januar (14 Uhr) in die Vorbereitung auf den DrittligaJahresbeginn, mit dem Heimspiel gegen Unterhaching am Montag, 28. Januar (19 Uhr) – nach der Pause. „Es ist gut, die Köpfe frei zu bekommen“, sagt Giannikis. Vom 11. bis 18. Januar fliegt die Mannschaft ins Trainingslager nach Belek.
Die Suche nach einem Stürmer, der dem abschlussschwachen VfR weiterhelfen kann, läuft schon längst (wie die interne Analyse), vor dem Abflug in die Türkei. Wie üblich in der Branche werden Namen gehandelt. Vielleicht sorgt Mister X in der Rückrunde für mehr Glücksmomente. Oder eben diejenigen, die schon da sind.