Juncker beklagt Heuchelei der EU beim Grenzschutz
(dpa) - EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat den EU-Staaten „himmelschreiende Heuchelei“beim Aufbau der europäischen Grenzschutztruppe vorgeworfen. „Alle EU-Staats- und Regierungschefs haben über zwei Jahre lang den besseren Schutz der europäischen Außengrenze gefordert“, sagte Juncker der „Welt am Sonntag“. „Und jetzt kommen plötzlich von vielen Seiten Bedenken.“
Die Staats- und Regierungschefs hatten den Schutz der Außengrenze gegen illegale Migration Ende Juni zur Priorität erklärt. Junckers Behörde hatte daraufhin im September vorgeschlagen, der EU-Grenzschutzagentur Frontex bis 2020 eine ständige Reserve von 10 000 Beamten zur Verfügung zu stellen – rund 8500 mehr als heute. Gegen den Zeitplan erhoben jedoch viele EU-Staaten Bedenken. Gerade diejenigen, die den unterentwickelten Außengrenzschutz lautstark kritisiert hätten, wollten sich nicht engagieren, kritisierte Juncker. „So kann Europa nicht funktionieren“, sagte Juncker.
Die österreichische EU-Ratspräsidentschaft schlug zuletzt vor, die ständige Reserve erst bis 2027 auf 10 000 Einsatzkräfte aufzustocken. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bezeichnet hingegen 2025 als „machbaren Zeitplan“.
Im Schengenraum herrscht eigentlich Reisefreiheit ohne Grenzkontrollen. Deutschland und andere EU-Länder kontrollieren jedoch seit der Flüchtlingskrise 2015 wieder einige Grenzabschnitte mit Hinweis auf mangelhaften Schutz der Außengrenzen. Die EU-Kommission verlangt ein Ende dieser Kontrollen.