Ein Wort mit Schlagschatten
W
äre Wortakrobatik olympisch, hingen im Aalener Rathaus ziemlich viele Goldmedaillen. Wir haben an dieser Stelle bereits über Wortneuschöpfungen wie „Haufwerke“(ein Haufen Dreck, Anm. d. Red.) aus beamteter Feder berichtet. Nun müssen wir es wieder tun. Es geht im aktuellen Fall um Polysemie. Hört sich an wie eine schlimme Krankheit, ist aber keine. Polysemie ist Mehrdeutigkeit, quasi ein Wort mit Schlagschatten. Beispiel gefällig? Bitteschön: Ein Flügel kann ein Musikinstrument, der Teil eines Anwesens oder aber ein Körperteil sein. In aller Regel erschließt sich unzweifelhaft aus dem Kontext, wie das jeweilige Wort zu deuten ist. Manchmal aber eben nicht, was ziemlich in die Hose gehen und wiederum wörtlich aufgefasst werden kann.
Denn das Presseamt der Stadt Aalen bemüht gleichfalls solche Sprachbilder, zumindest als Versuch, dem Amtsdeutsch etwas geistreiches Kopfkino einzuhauchen, und hat kurzerhand bei einer Feierstunde „Ausscheidende“verabschiedet. 20 Ruheständler haben also fertig. Aus. Vorbei. Finito. Basta. Ausgeschissen.
Leider war‘s das auch schon mit wundervollen Paraphrasen. Mehr Amüsement hat die Pressemitteilung nicht zu bieten, obwohl es so einfach, ja trivial gewesen wäre, auch für die als Jubilare geehrten Mitarbeiter einen schönen, passenden Begriff zu wählen. Sie sind diejenigen, die im Rathaus weiter ackern, von deren Engagement, Ideen und Tatkraft die Stadtverwaltung profitiere, wie es weiter in der Mitteilung heißt. Es sind diejenigen, die angesichts des TurboTempos tagtäglich ins Schwitzen kommen – durchgeschwitzte Premium-Mitarbeiter? Wie wäre es mit „Schweißperlen“?