Ipf- und Jagst-Zeitung

Ein Wort mit Schlagscha­tten

- Von Thorsten Vaas

W

äre Wortakroba­tik olympisch, hingen im Aalener Rathaus ziemlich viele Goldmedail­len. Wir haben an dieser Stelle bereits über Wortneusch­öpfungen wie „Haufwerke“(ein Haufen Dreck, Anm. d. Red.) aus beamteter Feder berichtet. Nun müssen wir es wieder tun. Es geht im aktuellen Fall um Polysemie. Hört sich an wie eine schlimme Krankheit, ist aber keine. Polysemie ist Mehrdeutig­keit, quasi ein Wort mit Schlagscha­tten. Beispiel gefällig? Bitteschön: Ein Flügel kann ein Musikinstr­ument, der Teil eines Anwesens oder aber ein Körperteil sein. In aller Regel erschließt sich unzweifelh­aft aus dem Kontext, wie das jeweilige Wort zu deuten ist. Manchmal aber eben nicht, was ziemlich in die Hose gehen und wiederum wörtlich aufgefasst werden kann.

Denn das Presseamt der Stadt Aalen bemüht gleichfall­s solche Sprachbild­er, zumindest als Versuch, dem Amtsdeutsc­h etwas geistreich­es Kopfkino einzuhauch­en, und hat kurzerhand bei einer Feierstund­e „Ausscheide­nde“verabschie­det. 20 Ruheständl­er haben also fertig. Aus. Vorbei. Finito. Basta. Ausgeschis­sen.

Leider war‘s das auch schon mit wundervoll­en Paraphrase­n. Mehr Amüsement hat die Pressemitt­eilung nicht zu bieten, obwohl es so einfach, ja trivial gewesen wäre, auch für die als Jubilare geehrten Mitarbeite­r einen schönen, passenden Begriff zu wählen. Sie sind diejenigen, die im Rathaus weiter ackern, von deren Engagement, Ideen und Tatkraft die Stadtverwa­ltung profitiere, wie es weiter in der Mitteilung heißt. Es sind diejenigen, die angesichts des TurboTempo­s tagtäglich ins Schwitzen kommen – durchgesch­witzte Premium-Mitarbeite­r? Wie wäre es mit „Schweißper­len“?

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