Mehr als das Schleppen von Sandsäcken
Luftwaffengeneral Jürgen Knappe spricht über Einsätze der Streitkräfte im Inneren
(R.) - Generalleutnant Jürgen Knappe hat die Führung des Multinationalen Kommandos Operative Führung in Ulm. Jetzt sprach der 60-jährige Drei-Sterne-General im sehr gut besuchten Olgasaal der Reinhardt-Kaserne über Einsätze der Bundeswehr im Inneren bei Naturkatastrophen, schweren Unglücken und der Flüchtlingshilfe. Zu Vortrag und Neujahrsempfang eingeladen hatten die Gesellschaft für Sicherheitspolitik in Ostwürttemberg und das Bundessprachenamt.
Wer auf den angekündigten Vortrag zur deutschen Sicherheitspolitik und der Bundeswehr vor dem Hintergrund aktueller krisenhafter Entwicklungen gehofft hatte, sah sich allerdings enttäuscht. Knappe beleuchtete vielmehr die operative Kompetenz der Streitkräfte im Inneren: „Einen sicherheitspolitischen Abriss geben, können andere besser.“Seine Kompetenz verdanke er langen Jahren operativer Truppenverwendung und 13 Jahren „Knechtschaft“im Bonner Verteidigungsministerium.
Das Weißbuch 2016 definiere die rechtlichen Grundlagen eines Streitkräfteeinsatzes im Inneren. Das sind die sogenannten subsidiären Aufgaben der Bundeswehr. Sie geraten immer dann in den Blickpunkt, wenn sie so gefordert sind wie aktuell bei der Schneekatastrophe.“Hilfe geleistet hat die Bundeswehr unter anderem beim Hochwasser 2013, bei der Flüchtlingshilfe 2015 und dem G20-Gipfel in Hamburg 2017: „Amtshilfe ist mehr als das Schleppen von Sandsäcken.“Zivil-militärische Zusammenarbeit sei eine wichtige Voraussetzung für den optimalen Einsatz der Bundeswehr zur Krisenprävention und bei der Bewältigung von Naturkatastrophen. Dazu gehörten Unterbringung, Versorgung und Transport, aber keine hoheitlichen Aufgaben und Befugnisse, stellte Knappe klar. Diese habe die Polizei.
Die weitgehend positiv beurteilten Einsätze seien eine gute Werbung für die Bundeswehr: „Wir sind vielleicht nicht die Besten und nicht die Meisten, aber wir stärken die Durchhaltefähigkeit des Systems. Noch nie“, so Knappe, „war das Ansehen des Soldatenberufs so groß wie in den letzten Jahren.“
Zu wenig Personal, zu wenig Material: Das stellte auch Knappe vor Probleme. Nach Amoklauf und Terrorangst in München 2016 habe er Feldjäger kasernieren müssen für den Fall, dass die Landesregierung um Unterstützung gebeten hätte.
Sein Ulmer Kommando, so Knappe abschließend, sei jetzt für ein Jahr als Joint Taskforce Headquarters in ständiger Bereitschaft, um im Auftrag der Nato oder der EU die Führung weltweiter Krisenmanagementeinsätze zu übernehmen.
Grußworte sprachen Hauptmann Oliver Plessen als Kasernenkommandant und Gerhard Ziegelbauer. Er dankte Knappe mit dem Wappen der Gesellschaft für Sicherheitspolitik. Das Jugendblasorchester begleitete den Neujahrsempfang musikalisch, die Gardisten der Bürgergarde standen Spalier.