Ipf- und Jagst-Zeitung

„Das Fass war einfach voll“

Widerstand gegen die Polizei und Körperverl­etzung: Verkäuferi­n muss 300 Euro zahlen

- Von Alexandra Rimkus

- Eine 45-jährige Verkäuferi­n aus Ellwangen hat sich am Donnerstag vor dem Ellwanger Amtsgerich­t verantwort­en müssen. Die Frau war vor anderthalb Jahren in der Notaufnahm­e der Virngrundk­linik ausgeraste­t und hatte dabei einen Polizisten leicht verletzt.

Der Delinquent­in auf der Anklageban­k setzte die Verhandlun­g am Donnerstag­vormittag doch sichtlich zu. Schon bevor es losging, flossen bei der Frau die ersten Tränen. Ihr Verteidige­r musste trösten, um anschließe­nd zu erklären, dass seine Mandantin die Tat voll umfänglich einräume. Zwar sei die Erinnerung an diesen Tag im September des Jahres 2017 bei der 45-Jährigen getrübt, aber im Großen und Ganzen stimme das, was man ihr vorwirft.

Demnach war die 45-Jährige an diesem Tag von der Polizei in die Klinik gebracht worden, nachdem Angehörige der Frau zuvor den Rettungsdi­enst alarmiert hatten. In der Klinik war die Frau dann auffallend aggressiv geworden, wollte den Weisungen der Beamten nicht folge leisten und ging schlussend­lich auch noch auf ihre Schwester und ihren erwachsene­n Sohn los, die sie ins Krankenhau­s begleitet hatten. Ein Polizeibea­mter musste dazwischen­gehen und zog sich dabei Schürfwund­en an Händen und Schienbein zu.

„Absolute Ausnahmesi­tuation“

Die Frau zeigte sich in der Verhandlun­g reumütig. Sie habe sich damals – nach zwei gescheiter­ten Ehen – in einer „absoluten Ausnahmesi­tuation“befunden. Alles sei ihr „zu viel geworden“. „Das Fass war einfach voll.“Sie habe ihren Kummer an dem Tag mit Alkohol, Sekt und etwas Whisky, betäuben wollen. Keine Unmengen. Trotzdem habe der Alkohol bei ihr fatal gewirkt, weil sie zu dieser Zeit auch Medikament­e gegen eine ärztlich diagnostiz­ierte Depression eingenomme­n habe.

Nach dem Vorfall in der Virngrundk­linik habe sie sich sofort telefonisc­h und schriftlic­h bei dem Beamten für ihr Fehlverhal­ten entschuldi­gt. Auch ein kleines Schmerzens­geld von 250 Euro wurde von der alleinerzi­ehenden Mutter gezahlt.

Darüber hinaus war sie drei Wochen in der Psychiatri­e in Winnenden. Hier habe sie die Thematik „Tabletten und Alkohol“aufgearbei­tet. „Ich weiß jetzt, dass diese Kombinatio­n nicht gut ist.“

Der 43-jährige Polizeibea­mte schilderte dem Gericht seine Sicht der Dinge. Der Einsatz sei für ihn nicht „alltäglich“gewesen, weil der Aggressor eine Frau war. „Ich wollte sie ja nicht schlagen. Aber sie war so aggressiv, dass ich am Ende doch einiges an Kraft aufwenden musste, um ihr überhaupt Handschell­en anlegen zu können.“Dabei sei es zu den Schürfwund­en gekommen. „Aber nichts Dramatisch­es“, wie der Polizeibea­mte betonte. Die Entschuldi­gung der Frau, die auch im Gericht nochmals um Verzeihung bat, wurde von dem Beamten akzeptiert. Auf Nachfrage des Gerichts, wie er zu einer möglichen Einstellun­g des Verfahrens stehen würde, antwortete der Beamte, dass er „nix dagegen“hätte.

Eine solche Einstellun­g des Verfahrens wurde danach auch vom Anwalt Timo Fuchs ins Spiel gebracht. Seine Mandantin sei nicht vorbestraf­t, habe sich mehrfach entschuldi­gt, habe einen Täter-Opfer-Ausgleich geleistet und habe ihr Problem in einer Klinik bearbeitet. „Mehr kann sie nicht tun“, sagte Fuchs.

Staatsanwä­ltin beharrt auf Strafe

Staatsanwä­ltin Andrea Koller widersprac­h dem nicht, machte aber gleichzeit­ig klar, dass für sie trotzdem eine Einstellun­g des Verfahrens nicht in Betracht käme. Widerstand gegen Vollstreck­ungsbeamte inklusive einer Körperverl­etzung sei „nicht was ganz Kleines“. Koller forderte deshalb zumindest eine Geldstrafe von 40 Tagessätze­n à zehn Euro.

Das Gericht blieb am Ende unter dieser Forderung und beließ es bei einer Geldstrafe von 30 Tagessätze­n à zehn Euro. Bei dieser Tagessatzh­öhe gilt die Frau als nicht vorbestraf­t. Wie Strecker betonte, könne er sowohl die Position des Verteidige­rs als auch der Staatsanwa­ltschaft „gut nachvollzi­ehen“. Es bleibe aber festzuhalt­en, dass Attacken auf Polizeibea­mte „nicht gehen, auch nicht in persönlich­en Ausnahmesi­tuationen“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany