Entscheidung über sichere Herkunftsstaaten erneut vertagt
Thüringen stellte Antrag, weiter über Asyl und Einwanderung zu diskutieren – Kritik von Union, FDP und AfD
- Früh am Morgen, zwei Stunden vor Beginn der Bundesratssitzung, wurde es bekannt: Thüringen hat den Antrag gestellt, das Thema sichere Herkunftsstaaten von der Tagesordnung zu nehmen – auf unbestimmte Zeit. „Wir brauchen einen besseren Lösungsweg“, sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), der sein Land zusammen mit SPD und Grünen regiert. „Wenn ich zugestimmt hätte, hätte ich 98 Menschen ein Arbeitsverbot erteilt“, begründete er seine Entscheidung.
Ramelow wünscht sich jetzt einen größeren Aufschlag: Das Asylverfahrensrecht müsse überarbeitet werden und Einwanderungsperspektiven geschaffen werden. Er selbst, so erzählte er, sei gerade nach Vietnam geflogen, um Arbeitskräfte anzuwerben.
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nannte es „unverantwortlich“, die Abstimmung zu verschieben. Man könne doch in den Balkanstaaten sehen, welch große Wirkung die Anerkennung der Länder als sichere Herkunftsstaaten erzielt habe. Tatsächlich hatte die Entscheidung eine gemehr wisse Signalwirkung, die Zahl der Asylanträge aus diesen Ländern ging zurück. Gab es aus Serbien 2015 noch 15 800 Anträge, so waren es zwei Jahre später nur noch 3680.
Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei hatte schon im Vorfeld der Abstimmung darauf hingewiesen, dass als 25 000 erfolglose Asylverfahren seit 2015 zeigten, dass es fast ausschließlich ökonomische Motive seien, die Migranten aus Marokko, Algerien, Tunesien und Georgien zur Stellung eines Asylantrages in Deutschland veranlassen. „Zur Wahrheit gehört im Zusammenhang mit Asylbewerbern aus den genannten Staaten leider auch, dass sie in Deutschland überproportional an Straftaten beteiligt sind.“
Doch die Grünen im Bund hatten sich gegen die sicheren Herkunftsstaaten ausgesprochen. Die FDP kritisierte dagegen die Vertagung, die Einstufung der Maghreb-Staaten und von Georgien sei längst entscheidungsreif, so FDP-Chef Christian Lindner. AfD-Fraktionschef Alexander Gauland wirft den Grünen vor, mittlerweile „deutsches Nationalinteresse auf fast allen Ebenen zu schädigen“.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) appellierte an die Bundesgrünen: „Tragt nicht nur eine freundlich-realistischrealpolitische Maske – sondern handelt endlich auch klug und mit Verantwortung für Deutschland.“Er stellte allerdings Baden-Württemberg als „rühmliche Ausnahme“heraus.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) betonte, er hätte zugestimmt. Die Bundesregierung hätte seinen Bedenken Rechnung getragen und eine spezielle Rechtsberatung für besonders verletzliche Gruppen von Asylbewerbern in den Gesetzentwurf eingefügt. Allerdings gibt es auch in Baden-Württemberg Grüne, die das komplett anders sehen. Landesparteichef Oliver Hildenbrand etwa ist froh über die Vertagung. „Wo Homosexuelle inhaftiert, Journalisten eingeschüchtert und Regierungskritiker bedroht werden, kann von Sicherheit keine Rede sein.“